Liebe, Zweifel und eine volle, edle Stimme
El¯ına Garanˇca eroberte Wagners Wesendonck-Lieder für sich – und beglückte mit Schumann und Mahler.
Sehnsucht, in Noten gefasst – das sind Richard Wagners Wesendonck-Lieder nach Gedichten der von ihm geliebten, jedoch verheirateten Mathilde, die ihn in ihrer Unerreichbarkeit auch zu „Tristan und Isolde“inspirieren sollte. Die fünf Lieder waren ob ihrer großen Dramatik bisher nicht im Repertoire der lettischen Sängerin El¯ına Garanca.ˇ Bei ihrem Liederabend im Musikverein wagte sie sich erstmals an diese und eroberte sie für sich. Mit großem Volumen und Leidenschaft hat sie das wachsende dramatische Potenzial ihrer Stimme präsentiert, wenngleich gerade in dunkleren Teilen noch Luft nach oben ist. Sie wusste ihren fülligen Mezzosopran aber auch an den richtigen Stellen zurückzunehmen, ohne Intensität zu verlieren. Überzeugend etwa, wie sie im fünften Lied „wunderbare Träume“rund und voll formte und lang nachhallen ließ.
Bekanntes Terrain betrat Garancaˇ im ersten Teil des Abends: Teile von Schumanns „Myrthen“– Lieder, die aus Schumann, der die Liedkunst jahrelang abgelehnt hatte, ob der lang ersehnten Vermählung mit seiner Clara förmlich herausgebrochen sein müssen. Garancaˇ bot eine „Widmung“mit absichtlich leicht kehligem Ansatz, gefiel beim „Nussbaum“mit Lebendigkeit und leicht wirkenden Sprüngen, glänzte bei „Jemand“und ließ die „Lieder der Braut“gekonnt anschwellen und edel klingen – eben eine singuläre Stimme, die auch der intimen Form viel abgewinnen kann.
Herrliche Bögen, weichen, warmen Mezzo zeigte sie auch bei Schumanns „Frauenliebe und Leben“, bei dem es ihr besonders gut gelang, sich auch spielerisch einzubringen. Bei der Zeile „Die Welt ist leer“schnürte es einem förmlich die Kehle zu, so eindringlich präsentierte sie jedes Wort. In Malcolm Martineau hatte sie einen Partner, der stark auf sie einging.
Den Abschluss machten Mahlers Rückert-Lieder, abermals Ausdruck eines zweifelnden Liebenden: Gefühlsschwankungen sind hier klar in der Musik definiert, bald plötzlich molllastig, bald tragisch. Auch hier konnte Garancaˇ viele Facetten darbieten, wenngleich die Zugaben gezeigt haben, was ihre Stimme noch mehr leuchten lässt: Bei Alban Bergs „Im Zimmer“war sie freier als zuvor, erst recht bei einem Lied aus ihrer lettischen Heimat. Das Publikum erklatschte sich eine dritte Zugabe – „Dann ist aber Schluss“, sagte sie –, Bergs „Nachtigall“bot noch einmal das große Volumen einer vollen, edlen, runden Stimme.