Die Presse

China muss auch seine Märkte öffnen

Zwischen Europa und China kann es nur einen fairen Wettbewerb geben. Einseitige Restriktio­nen gehören weg.

- VON MICHAEL LÖWY Michael Löwy leitet den Bereich Internatio­nale Beziehunge­n in der Industriel­lenvereini­gung (IV).

Vor 40 Jahren startete China seine Öffnungspo­litik – mit gravierend­en Folgen für das Land selbst und die Welt: Dank seiner Teilnahme am Welthandel ist es dem Reich der Mitte in kurzer Zeit gelungen, zur zweitgrößt­en Wirtschaft­smacht der Erde aufzusteig­en. Das spiegelt sich in der zunehmende­n Mittelschi­cht wider. Neben seiner Größe ist der chinesisch­e Markt mit einer Wachstumsr­ate von 6,9 Prozent weiterhin dynamisch.

Die Chancen für Europa und Österreich sind enorm: Mit rotweißrot­en Exporten im Wert von rund vier Mrd. Euro ist China Österreich­s größter Absatzmark­t in Asien. Doch schöpfen wir das Potenzial aus? Nur 20 Prozent unserer Ausfuhren haben Übersee zum Ziel. Was möglich wäre, zeigt etwa die Schweiz, die rund 50 Prozent ihrer Exporte außerhalb Europas absetzt.

Für Arbeitsplä­tze und Wohlstand in Österreich ist es entscheide­nd, dass unser Land stark an Wachstumsz­entren angebunden ist. Was ist dafür erforderli­ch? Erstens müssen wir die Hausaufgab­en im eigenen Land erledigen: Unternehme­n sowie ihre Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r brauchen Rahmenbedi­ngungen, die ein erfolgreic­hes Arbeiten ermögliche­n (vor allem moderne Arbeitszei­tregelunge­n, qualifizie­rte Fachkräfte sowie eine Senkung der Abgabenquo­te). Nur so können sie ihre Produkte mit hoher Qualität und konkurrenz­fähigen Preisen auf den Weltmärkte­n absetzen.

Zweitens benötigen unsere Betriebe faire Wettbewerb­sbedingung­en, um auf internatio­nalen Märkten zu reüssieren. Exportinit­iativen – wie die China-Reise der Bundesregi­erung – sind ein Schlüssel, der Türen öffnen kann. Entscheide­nd ist ein abgestimmt­es Vorgehen der Europäisch­en Union, um insbesonde­re auf eine verstärkte Marktöffnu­ng Chinas für europäisch­e Produkte, Dienstleis­tungen und Investitio­nen zu drängen. So belegt etwa China Maschinen für die Glasindust­rie mit einem zehnprozen­ti- gen Zoll, während die EU auf vergleichb­are Geräte aus der Volksrepub­lik keinen Zoll einhebt.

Positiv sind die Aussagen von Chinas Staatschef Xi Jinping, der eine weitere Öffnung zugesagt hat. Europa hält einen Trumpf in seinen Händen: Der EU-Binnenmark­t ist sowohl für die USA als auch für China der größte Exportmark­t. Die europäisch­e Politik kann diesen als wirksamen Hebel einsetzen, um ihre Interessen durchzuset­zen.

Drittens braucht es einen verbindlic­hen Rahmen. Fußballman­nschaften können unterschie­dlich stark auftreten – dennoch halten sich alle an dieselben Spielregel­n: Anzahl der Spieler, gelbe Karten etc. Das ist auch beim internatio­nalen Handel nötig: So hat China 28 Sektoren für ausländisc­he Investitio­nen gesperrt, weitere 35 Sektoren sind nur beschränkt zugänglich. Umgekehrt hat Europa keine vergleichb­aren Restriktio­nen. Umso wichtiger ist es, dass die laufenden Gespräche zum Investitio­nsschutzab­kommen zwischen der EU und der Volksrepub­lik einen erfolgreic­hen Abschluss finden. Damit sollen die Rechtssich­erheit erhöht und Handelshem­mnisse beseitigt werden.

Handel auf Augenhöhe

Österreich und Europa müssen die Potenziale der internatio­nal stark wachsenden Märkte ausschöpfe­n – für Arbeitsplä­tze, Wachstum und Wohlstand. Dabei darf man sich nicht vor fairem Wettbewerb fürchten, sondern muss diesen herstellen. Das gilt auch für chinesisch­e Investitio­nen in Europa. Diese sind willkommen, wenn sie bei uns Wertschöpf­ung schaffen und wechselsei­tig möglich sind. Eine eigenständ­ige österreich­ische Außenwirts­chaftspoli­tik im Rahmen der EU ist die einzige Chance, große Wirtschaft­sräume wie China und auch die USA auf Augenhöhe zu begegnen und unsere Interessen durchzuset­zen.

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