Hofers Idee im Verbund
Strom. Axel Kassegger gilt als FPÖ-Rechts-Außen und ist Norbert Hofers Wunschkandidat für den Verbund-Vorstand. Doch der Griff nach der Macht im Stromkonzern ist nicht immer pannenfrei.
FP-Rechts-Außen Alex Kassegger soll Verbund-Vorstand werden.
Er hat keine Zeit verschwendet: Bereits Anfang Februar hat FPÖ-Infrastrukturminister Norbert Hofer den massiven Umbau im Aufsichtsrat der ÖBB vollzogen – von den sieben neuen Mitgliedern sind gleich sechs Freiheitliche oder zumindest FPÖnahe. An der Spitze des Kontrollgremiums sitzt mit Arnold Schiefer ein Burschenschafter. Dann, Anfang März, wurde der Aufsichtsrat des Straßenbaukonzerns Asfinag ausgewechselt. Auch hier ist mit Peter Franzmayr ein Burschenschafter Aufsichtsratspräsident geworden. Und jetzt ist das nächste Unternehmen dran: Hofer stellt gerade die personalpolitischen Weichen für den teilstaatlichen Stromkonzern Verbund.
Gar so drastisch wie bei ÖBB und Asfinag werden die Veränderungen dort nicht sein – der Verbund fällt ja auch nicht in die Ressortzuständigkeit von Norbert Hofer, sondern in die von ÖVPFinanzminister Hartwig Löger. Doch als Regierungskoordinator hat Hofer natürlich ein gutes Wörtchen mitzureden. Und das lässt er sich klarerweise nicht nehmen.
Am 23. April wird’s jedenfalls ernst. An dem Montag findet die Hauptversammlung des Stromkonzerns statt, und da werden die Aktionäre über allfällige neue Aufsichtsratsmitglieder abstimmen. Allerdings: Da wird es nicht viel abzustimmen geben. Von ÖVPSeite werden jedenfalls keine neuen Kandidaten aufgestellt, es bleibt alles beim Alten – Gerhard Roiss als Aufsichtsratspräsident inklusive. Die einzige Rochade: Seitens des Großaktionärs EVN kommt Vorstandschef Stefan Szyszkowitz in das Verbund-Kontrollgremium. Er wird den bisherigen EVN-Chef Peter Layr ablösen.
Und die FPÖ? Sie will zwei Mitglieder ihres Vertrauens in den Verbund-Aufsichtsrat hieven. Immerhin sitzt der erzrote ExArbeiterkammer-Direktor Werner Muhm in dem Kontrollgremium, und er ist für die Freiheitlichen schlicht indiskutabel. An seiner Stelle soll, so heißt es in der FPÖ, Edeltraud Fichtenbauer, Prokuristin der Vienna Insurance Group, kommen. Fichtenbauer sitzt seit wenigen Tagen auch im Aufsichtsrat des Austrian Institute of Technology (AIT). Nach einer zweiten Person für den Verbund-Aufsichtsrat werde noch gesucht, verlautet aus der FPÖ.
Mit der Suche können sich die Freiheitlichen allerdings ruhig Zeit lassen, ihnen ist nämlich ein veritabler Lapsus passiert: Die Frist, innerhalb derer neue Kandidaten mitsamt Lebenslauf gemeldet wer- den müssen, ist am Donnerstag um 24 Uhr abgelaufen. Die FPÖ hat es also verabsäumt, rechtzeitig Kandidaten zu nennen. Die von der Partei gewünschte Rochade wird somit nolens volens zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt werden müssen.
Die Freiheitlichen werden also vorerst nicht im Verbund-Aufsichtsrat vertreten sein. Machtpolitisch viel wichtiger ist aber ohnehin das, was im Anschluss an die Hauptversammlung passiert. Da wird der neue Verbund-Aufsichtsrat seine konstituierende Sitzung abhalten. Und dabei soll gleich ein erster wegweisender Beschluss gefasst werden: Der Vorstand des Verbund-Konzerns wird ausgeschrieben. Dort laufen ja die Verträge aller vier Vorstände mit Jahresende aus, es ist also höchste Eisenbahn. Trotzdem will man sich im Ausschreibungstext noch nicht festlegen: weder bei der Zahl der zu suchenden Vorstände noch bei deren Vertragsdauer. Ob der vierköpfige Vorstand halbiert wird, wie einst vom damals zuständigen ÖVP-Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner gewünscht, ist also noch völlig offen. Heißt: Die politischen Verhandlungen über diese Personalie sind immer noch nicht abgeschlossen.
So, wie es aussieht, darf der ÖVP-nahe Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber bleiben. Doch wie viele Kollegen werden ihm in Hinkunft zur Seite stehen? Man weiß es nicht. Ist wohl auch nicht so wichtig. Dafür hat Norbert Hofer immerhin schon einen Wunschkandidaten für einen Verbund-Vorstandsposten, wie FPÖler der „Presse“hinter vorgehaltener Hand berichten. Es ist FPÖ-Nationalratsabgeordneter Axel Kassegger.
Wieder schlagender Burschenschafter. Der 52-jährige Steirer ist seit 1985 Mitglied der Akademischen Burschenschaft Germania Graz und seit 1989 der Burschenschaft Thessalia Prag in Bayreuth. Die „Thessalen“zählen zum äußersten rechten Rand des Korporationsspektrums, ihnen wurden immer wieder personelle Überschneidungen mit dem neonazistischen Milieu nachgesagt. Allerdings konnten Betätigungen von Einzelpersonen im rechtsextremistischen Bereich laut dem Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz der Burschenschaft Thessalia nicht zugerechnet werden. SOS Mitmensch zitierte allerdings im Oktober eine Rede Kasseggers – sie soll mit den Worten geendet haben: „Heil Deutsche Burschenschaft!“
Uein
nd was prädestiniert Kassegger fachlich für den Verbund-Job? Das ist sogar vielen FPÖlern nicht ganz klar. Wohl absolvierte Kassegger ein Doktoratsstudium der Rechtswissenschaften an der Uni Graz – das Thema seiner Dissertation war „Die Entwicklung des Sozialversicherungsrechts der Arbeiter und Angestellten in der Ersten Republik“. Und Kassegger ist dreifacher Magister (der Sportwissenschaften, der Betriebswirtschaftslehre, der Rechtswissenschaften). Aber wel- che unternehmerische Erfahrung hat er?
Da sticht seine Tätigkeit als Assistent der Geschäftsleitung des Elektrizitätswerks Schöder Walther Zedlacher KG in den Jahren 1996 und 1997 ins Auge. Was freilich bei keinem noch so wohlwollenden Hearing sonderlich überzeugen würde. Da ist sein weiterer Berufsweg schon hilfreicher: Danach war Kassegger immerhin Unternehmensberater und Vortragender an verschiedenen Fachhochschulen zu den Themen Unternehmensführung, Controlling und Kostenrechnung. Seit April 2008 ist er Gesellschafter und Geschäftsführer der Grazer Bloomix GmbH, das Unternehmen betreibt Großhandel mit Kaffee- und Teegläsern sowie Eisbechern. Das muss bei politisch motivierten Postenvergaben wohl reichen. Da zählen ja auch andere Dinge.
Ganz genau: Axel Kassegger ist in der FPÖ gut angeschrieben. In der Partei gilt er als Rechts-Außen, als fleißig, treu und umgänglich. Bei den Koalitionsverhandlungen hat er das Thema „Zukunft“mitverhandelt. Anwesende beschreiben ihn allerdings als Mann „mit gewissem Grundwissen, aber wenig Tiefgang“.
Kassegger selbst war für die „Presse“nicht erreichbar. Und Norbert Hofer? Dieser meint bloß, dass noch nichts entschieden sei. Fügt aber hinzu, dass er Kassegger sehr schätze.