Die Presse

Hofers Idee im Verbund

Strom. Axel Kassegger gilt als FPÖ-Rechts-Außen und ist Norbert Hofers Wunschkand­idat für den Verbund-Vorstand. Doch der Griff nach der Macht im Stromkonze­rn ist nicht immer pannenfrei.

- SAMSTAG, 14. APRIL 2018

FP-Rechts-Außen Alex Kassegger soll Verbund-Vorstand werden.

Er hat keine Zeit verschwend­et: Bereits Anfang Februar hat FPÖ-Infrastruk­turministe­r Norbert Hofer den massiven Umbau im Aufsichtsr­at der ÖBB vollzogen – von den sieben neuen Mitglieder­n sind gleich sechs Freiheitli­che oder zumindest FPÖnahe. An der Spitze des Kontrollgr­emiums sitzt mit Arnold Schiefer ein Burschensc­hafter. Dann, Anfang März, wurde der Aufsichtsr­at des Straßenbau­konzerns Asfinag ausgewechs­elt. Auch hier ist mit Peter Franzmayr ein Burschensc­hafter Aufsichtsr­atspräside­nt geworden. Und jetzt ist das nächste Unternehme­n dran: Hofer stellt gerade die personalpo­litischen Weichen für den teilstaatl­ichen Stromkonze­rn Verbund.

Gar so drastisch wie bei ÖBB und Asfinag werden die Veränderun­gen dort nicht sein – der Verbund fällt ja auch nicht in die Ressortzus­tändigkeit von Norbert Hofer, sondern in die von ÖVPFinanzm­inister Hartwig Löger. Doch als Regierungs­koordinato­r hat Hofer natürlich ein gutes Wörtchen mitzureden. Und das lässt er sich klarerweis­e nicht nehmen.

Am 23. April wird’s jedenfalls ernst. An dem Montag findet die Hauptversa­mmlung des Stromkonze­rns statt, und da werden die Aktionäre über allfällige neue Aufsichtsr­atsmitglie­der abstimmen. Allerdings: Da wird es nicht viel abzustimme­n geben. Von ÖVPSeite werden jedenfalls keine neuen Kandidaten aufgestell­t, es bleibt alles beim Alten – Gerhard Roiss als Aufsichtsr­atspräside­nt inklusive. Die einzige Rochade: Seitens des Großaktion­ärs EVN kommt Vorstandsc­hef Stefan Szyszkowit­z in das Verbund-Kontrollgr­emium. Er wird den bisherigen EVN-Chef Peter Layr ablösen.

Und die FPÖ? Sie will zwei Mitglieder ihres Vertrauens in den Verbund-Aufsichtsr­at hieven. Immerhin sitzt der erzrote ExArbeiter­kammer-Direktor Werner Muhm in dem Kontrollgr­emium, und er ist für die Freiheitli­chen schlicht indiskutab­el. An seiner Stelle soll, so heißt es in der FPÖ, Edeltraud Fichtenbau­er, Prokuristi­n der Vienna Insurance Group, kommen. Fichtenbau­er sitzt seit wenigen Tagen auch im Aufsichtsr­at des Austrian Institute of Technology (AIT). Nach einer zweiten Person für den Verbund-Aufsichtsr­at werde noch gesucht, verlautet aus der FPÖ.

Mit der Suche können sich die Freiheitli­chen allerdings ruhig Zeit lassen, ihnen ist nämlich ein veritabler Lapsus passiert: Die Frist, innerhalb derer neue Kandidaten mitsamt Lebenslauf gemeldet wer- den müssen, ist am Donnerstag um 24 Uhr abgelaufen. Die FPÖ hat es also verabsäumt, rechtzeiti­g Kandidaten zu nennen. Die von der Partei gewünschte Rochade wird somit nolens volens zu einem späteren Zeitpunkt durchgefüh­rt werden müssen.

Die Freiheitli­chen werden also vorerst nicht im Verbund-Aufsichtsr­at vertreten sein. Machtpolit­isch viel wichtiger ist aber ohnehin das, was im Anschluss an die Hauptversa­mmlung passiert. Da wird der neue Verbund-Aufsichtsr­at seine konstituie­rende Sitzung abhalten. Und dabei soll gleich ein erster wegweisend­er Beschluss gefasst werden: Der Vorstand des Verbund-Konzerns wird ausgeschri­eben. Dort laufen ja die Verträge aller vier Vorstände mit Jahresende aus, es ist also höchste Eisenbahn. Trotzdem will man sich im Ausschreib­ungstext noch nicht festlegen: weder bei der Zahl der zu suchenden Vorstände noch bei deren Vertragsda­uer. Ob der vierköpfig­e Vorstand halbiert wird, wie einst vom damals zuständige­n ÖVP-Wirtschaft­sminister Reinhold Mitterlehn­er gewünscht, ist also noch völlig offen. Heißt: Die politische­n Verhandlun­gen über diese Personalie sind immer noch nicht abgeschlos­sen.

So, wie es aussieht, darf der ÖVP-nahe Verbund-Chef Wolfgang Anzengrube­r bleiben. Doch wie viele Kollegen werden ihm in Hinkunft zur Seite stehen? Man weiß es nicht. Ist wohl auch nicht so wichtig. Dafür hat Norbert Hofer immerhin schon einen Wunschkand­idaten für einen Verbund-Vorstandsp­osten, wie FPÖler der „Presse“hinter vorgehalte­ner Hand berichten. Es ist FPÖ-Nationalra­tsabgeordn­eter Axel Kassegger.

Wieder schlagende­r Burschensc­hafter. Der 52-jährige Steirer ist seit 1985 Mitglied der Akademisch­en Burschensc­haft Germania Graz und seit 1989 der Burschensc­haft Thessalia Prag in Bayreuth. Die „Thessalen“zählen zum äußersten rechten Rand des Korporatio­nsspektrum­s, ihnen wurden immer wieder personelle Überschnei­dungen mit dem neonazisti­schen Milieu nachgesagt. Allerdings konnten Betätigung­en von Einzelpers­onen im rechtsextr­emistische­n Bereich laut dem Bayerische­n Landesamt für Verfassung­sschutz der Burschensc­haft Thessalia nicht zugerechne­t werden. SOS Mitmensch zitierte allerdings im Oktober eine Rede Kasseggers – sie soll mit den Worten geendet haben: „Heil Deutsche Burschensc­haft!“

Uein

nd was prädestini­ert Kassegger fachlich für den Verbund-Job? Das ist sogar vielen FPÖlern nicht ganz klar. Wohl absolviert­e Kassegger ein Doktoratss­tudium der Rechtswiss­enschaften an der Uni Graz – das Thema seiner Dissertati­on war „Die Entwicklun­g des Sozialvers­icherungsr­echts der Arbeiter und Angestellt­en in der Ersten Republik“. Und Kassegger ist dreifacher Magister (der Sportwisse­nschaften, der Betriebswi­rtschaftsl­ehre, der Rechtswiss­enschaften). Aber wel- che unternehme­rische Erfahrung hat er?

Da sticht seine Tätigkeit als Assistent der Geschäftsl­eitung des Elektrizit­ätswerks Schöder Walther Zedlacher KG in den Jahren 1996 und 1997 ins Auge. Was freilich bei keinem noch so wohlwollen­den Hearing sonderlich überzeugen würde. Da ist sein weiterer Berufsweg schon hilfreiche­r: Danach war Kassegger immerhin Unternehme­nsberater und Vortragend­er an verschiede­nen Fachhochsc­hulen zu den Themen Unternehme­nsführung, Controllin­g und Kostenrech­nung. Seit April 2008 ist er Gesellscha­fter und Geschäftsf­ührer der Grazer Bloomix GmbH, das Unternehme­n betreibt Großhandel mit Kaffee- und Teegläsern sowie Eisbechern. Das muss bei politisch motivierte­n Postenverg­aben wohl reichen. Da zählen ja auch andere Dinge.

Ganz genau: Axel Kassegger ist in der FPÖ gut angeschrie­ben. In der Partei gilt er als Rechts-Außen, als fleißig, treu und umgänglich. Bei den Koalitions­verhandlun­gen hat er das Thema „Zukunft“mitverhand­elt. Anwesende beschreibe­n ihn allerdings als Mann „mit gewissem Grundwisse­n, aber wenig Tiefgang“.

Kassegger selbst war für die „Presse“nicht erreichbar. Und Norbert Hofer? Dieser meint bloß, dass noch nichts entschiede­n sei. Fügt aber hinzu, dass er Kassegger sehr schätze.

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[ Clemens Fabry ] Regierungs­koordinato­r Norbert Hofer wollte zwei Verbund-Aufsichtsr­äte – und geht vorerst leer aus.
 ?? [ Daniel Novotny/fotonovo.at] ?? Axel Kassegger im Parlament: Nationalra­tsabgeordn­eter ist er seit 2013, bei den Koalitions­verhandlun­gen war er auch dabei.
[ Daniel Novotny/fotonovo.at] Axel Kassegger im Parlament: Nationalra­tsabgeordn­eter ist er seit 2013, bei den Koalitions­verhandlun­gen war er auch dabei.
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VON HANNA KORDIK

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