Der Flachgau ist nicht der Pinzgau
Salzburg. Am 22. April wählen rund 390.000 Salzburger ihren neuen Landtag. Die Flachgauer bewegen dabei andere Dinge als die Lungauer oder die Pinzgauer. Eine politische Landvermessung der Salzburger Regionen.
Der 552 Meter hohe Pass Lueg zwischen Golling und Tenneck ist nach wie vor eine Trennlinie im Selbstverständnis der Salzburger: Im Norden das Außergebirg mit der Stadt Salzburg, dem Flachund dem Tennengau. Im Süden das Innergebirg mit dem Pinzgau, dem Pongau und dem Lungau. Wenn am kommenden Sonntag die rund 390.000 Wahlberechtigten über den Landtag abstimmen, dann sind – je nach Region unterschiedlich – vielfältige Interessen, Wünsche und Probleme im Spiel.
Mit 1000 Quadratkilometern ist der Flachgau zwar einer der kleineren Bezirke. Mit knapp zwölf Quadratkilometern verfügt er aber mit Abstand über die meiste Baufläche. Der Bezirk wächst, weil immer mehr Menschen sich die Stadt Salzburg nicht mehr leisten können. Das spiegelt sich auch im Wählerverzeichnis wider: Im Flachgau sind 112.646 Personen wahlberechtigt – ein Plus von 2,3 Prozent gegenüber 2013. Wohnen im Flachgau, arbeiten in der Stadt: Das Verkehrsproblem in der Stadt Salzburg ist zu einem großen Teil den vielen Einpendlern aus dem Norden geschuldet. Der Flachgau ist auch wirtschaftlich ein Wachstumsbezirk. Die Zahl der unselbstständig Beschäftigten ist zwischen 2012 und 2017 um 5,3 Prozent auf 65.633 gestiegen, immer mehr Betriebe siedeln sich im Flachgau an.
Der Tennengau ist der Industriebezirk des Bundeslands. Je nach Konjunkturlage ist dieser Bezirk deshalb auch stark vom Auf und Ab der Wirtschaft bestimmt. In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Hiobsmeldungen mit Betriebsschließungen, gleichzeitig aber auch Erfolgsgeschichten. Ein Beispiel: Die einstige Papierfabrik Hallein hatte in den 1990er-Jahren 1000 Beschäftigte, dann gab es Firmenübernahmen und Kündigungen. Mittlerweile heißt das Unternehmen AustroCel Hallein und ist mit innovativen Textilzellstoffen und 250 Mitarbeitern wieder auf Wachstumskurs. Das Auf und Ab lässt sich auch in der Arbeitslosenrate des Bezirks ablesen: Sie lag 2012 bei 4,3 Prozent, kletterte 2016 auf 5,3 Prozent und fiel 2017 wieder auf 4,7 Prozent.
Als Monte Carlo der Alpen hat Bad Gastein im 19. Jahrhundert für Furore gesorgt. Die Kombination aus Bergen und Thermalwasser zog internationales Publikum an. Der Pongau kam 2016/17 auf 9,1 Mio. Nächtigungen, die Salzburger Sportwelt liegt mit 4,6 Mio. Nächtigungen mit Abstand an der Spitze aller Salzburger Tourismusregionen. Das Leben in Saisonen bestimmt diesen Bezirk. Köche und Kellner werden gesucht wie die Nadel im Heuhaufen. Der Facharbeitermangel ist das große Thema in diesem sehr bodenständigen Bezirk, im dem 14,5 Prozent der Salzburger leben.
Der Lungau ist der bevölkerungsmäßig kleinste Bezirk. Hier leben 3,72 Prozent der Salzburger. Von 1000 Quadratkilometern Fläche sind gerade einmal 2,34 Quadratkilometer Baufläche. Gut zwei Drittel sind Berge und Wald. Seit 1975 der Tauerntunnel eröffnet wurde, ist der Lungau ein Stück an das politische Zentrum Salzburgs herangerückt. Doch die Zeit, als es über den Tauern noch ewig dauerte, bis man in der Hauptstadt war, ist nach wie vor in den Köpfen verankert. Salzburg ist fern. Viele junge Menschen verlassen den Bezirk, weil sie sich außerhalb mehr Chancen erwarten. Mit sieben Prozent liegt die Arbeitslosigkeit im Bezirk deutlich über dem landesweiten Schnitt von 5,9 Prozent. Auch der Ärztemangel oder die Ausdünnung von Verkehrsverbindungen, Post- oder Polizeistandorten wiegen hier am stärksten. Gleichzeitig wird die Abgeschiedenheit als Chance erkannt: Der Lungau hat sich als Biosphärenpark positioniert.
Wer mit den öffentlichen Verkehrsmitteln von Krimml nach Salzburg will, der braucht gut dreieinhalb Stunden. Da ist man von Salzburg aus längst in Wien. Der Oberpinzgau ist von der Landeshauptstadt weit weg. Weil die idyllischen Dörfer für Deutsche, Holländer oder Ostösterreicher attraktive Ferienregionen sind, boomt nicht nur der Tourismus mit 11,2 Millionen Nächtigungen im Jahr 2016/17. Viele Menschen wollen eine Wohnung in Wald, Maria Alm oder Saalbach. Chaletdörfer und Zweitwohnungen treiben die Preise für Grund und Boden in die Höhe. In manchen Gemeinden können sich die jungen Einheimischen das Wohnen nicht mehr leisten. Der Bezirk Zell am See ist eine wirtschaftlich starke Region. Mit 5,3 Prozent liegt die Arbeitslosenrate unter dem Landesschnitt. Die Zahl der unselbstständig Beschäftigten hat in den vergangenen fünf Jahren um 6,8 Prozent zugelegt. Neben dem Wohnen ist der zunehmende Verkehr das größte Problem.
Die Stadt Salzburg ist das politische und wirtschaftliche Machtzentrum. Sie nimmt zwar nur 0,9 Prozent der Landesfläche ein, hat aber 27,7 Prozent der Bevölkerung. Knapp ein Drittel der Menschen, die in der Stadt Salzburg ihren Hauptwohnsitz haben, sind nicht aus Österreich. Die Stadt wächst durch Zuzug. Das Wohnen ist teuer. Das drängendste Problem ist der Verkehr, der Stau gehört zum Alltag. Und der Tourismus jagt von Rekord zu Rekord – und vertreibt damit so manchen Einheimischen aus der Innenstadt.