Grüne prüfen Hürden für die Basisdemokratie
Reform. Die Wiener Grünen könnten künftig auf die Wahl der Spitzenkandidatin verzichten. Stattdessen könnte ein Team bestimmt werden, das die ersten Plätze belegt. Das würde Eskalationen und Demontagen grüner Zugpferde verhindern.
Wien. Nach dem grünen Debakel bei der Nationalratswahl müssen sich auch die Wiener Grünen neu aufstellen – inhaltlich, organisatorisch und personell. Zentrale Entscheidungen werden bereits in rund acht Wochen fallen. Bei der Landesversammlung am 9. Juni wollen die Grünen „erste Zwischenergebnisse“des Reformprozesses präsentieren, die dann vom höchsten Gremium der Wiener Grünen beschlossen werden – falls sich die notwendigen (Fein-)Abstimmungen zeitlich ausgehen, wie seitens der Grünen der „Presse“erklärt wird.
Was bedeutet das? Über das Schicksal der angeschlagenen grünen Frontfrau Maria Vassilakou wird im Juni noch nicht entschieden. Es sollen aber Reformen beschlossen werden, mit denen die Sprengkraft der grünen Listenerstellung für Nationalrats- oder Wien-Wahlen genommen wird. Immerhin beschert die bisherige Art der Vergabe von Listenplätzen der Grünen regelmäßig Probleme. Das prominenteste Beispiel ist der Fall Peter Pilz.
Um zu verhindern, dass grüne Zugpferde von der Basis abmontiert werden, die dann eine eigene Partei gründen, die Partei wechseln oder die Grünen verlassen, könnte künftig über ein Personalpaket statt nur über die Spitzenkandidatin abgestimmt werden, wie seitens der Grünen erklärt wird.
Personalpaket statt Spitzenkandidatin
Damit könnte künftig ein Führungsteam (samt Spitzenkandidat/in) antreten, das z. B. die ersten vier Listenplätze belegt. Die Basis hat dann nur die Möglichkeit, das Per- sonalpaket anzunehmen – oder die gesamte Führungsriege (inklusive Spitzenkandidat/ in) abzuwählen. „Das wird diskutiert“, wird bei den Grünen bestätigt, die vor Wahlen bisher jeden Listenplatz einzeln abgestimmt haben – womit immer wieder einzelne (prominente) Grün-Kandidaten abgeschossen wurden.
In der Praxis hätte dieses Modell mehrere Vorteile: Die Unberechenbarkeit bei der grünen Kandidatenwahl, die oft nachhaltig Schaden anrichtet, wird reduziert. Grüne, die in der Bevölkerung beliebt sind und Stimmen bringen, können im Teampaket abgesichert werden – falls ihre Beliebtheit bei der Basis jener von Peter Pilz ähnelt.
Gleichzeitig bietet der Antritt als geschlossenes Führungsteam die elegante Möglichkeit, unterschiedliche Flügel gleich zu bedienen. Und sicherzustellen, dass alle grünen Kernthemen im Gemeinderat vertreten sind.
Wer führt Partei in die Wien-Wahl?
Das würde eine thematische Verengung der Partei verhindern, wenn (wie passiert) durch eine Laune der Basis plötzlich alle grünen Kulturpolitiker abgewählt werden, die Grünen hier massiv an Kompetenz verlieren, während andere Themengebiete wie z. B. Sozial- oder Frauenpolitik personell plötzlich überbesetzt sind – was ebenfalls für Konflikte sorgen würde. Ob eine De-factoBeschneidung der Macht der grünen Basis von dieser akzeptiert wird, steht allerdings in den Sternen.
Apropos Spitzenkandidatur. Wer die Grünen in die Wien-Wahl 2020 führt, wenn es für den kleinen Regierungspartner um das politische Überleben geht, ist weiterhin offen. Das wird laut Grünen bei der Landesversammlung im heurigen Herbst entschieden. Dass es (wieder) Maria Vassilakou ist, gilt fast als ausgeschlossen – konnte sie zuletzt nur mit Mühe ihre sofortige Abwahl im November verhindern. Mit dem Kompromiss, zuerst eine inhaltliche Reform, dann personelle Reformen durchzuführen, hat sie nur Zeit gewonnen.
Von den kolportierten Nachfolgern hat sich noch keiner aus der Deckung gewagt. Weder Klubchef David Ellensohn noch Landessprecher Joachim Kovacs noch Gemeinderat Peter Kraus hat bisher erklärt, dass er im Herbst antreten werde. Nebenbei: Maria Vassilakou ebenfalls nicht.