Die Presse

Sommerlieb­e

- VON EVA WINROITHER

Es ist eine Sommerlieb­e. Sie fängt mit den warmen Temperatur­en an, und sie ist sofort vergessen, wenn es kalt wird: das abendliche Sitzen am Donaukanal.

Der Kanal, das ist einfach die beste Alternativ­e, wenn man es untertags nicht mehr bis zur Alten Donau schafft. Es gibt Wasser (gut, es ist nicht zum Schwimmen), es gibt Getränke, die man kaufen oder selbst mitnehmen kann, die Graffiti machen alles irgendwie bunt, es riecht nach Sand und Essen, und irgendwer packt immer eine Gitarre aus.

Auf den Donaukanal können sich außerdem alle einigen. Da er zentral liegt und in Wahrheit verschiede­ne Abschnitte hat, die man klug zu wechseln weiß. Die eine Gruppe geht am liebsten ins Flex und beobachtet auf der anderen Seite die Hemddichte im Tel Aviv Beach (wie sie auch im Motto am Fluss zu finden ist), und der Rest findet sich irgendwo zwischen Adria und Hafenkneip­e wieder. Was der neu geplante Beachclub Blumenwies­e mit der Aufteilung macht, darf daher genau beobachtet werden.

Man muss den Kanal auch zu bedienen wissen. Wer vorn in den Liegestühl­en sitzt, will gesehen werden, wer in der zweiten Reihe sitzt, will sehen. Wer auf dem Boden hockt, will einfach nicht immer für alles zahlen – außerdem ist die Chance höher, dass sich jemand dazusetzt. Es heißt ja nicht, dass der Donaukanal fehlerfrei wäre. Die Lokale sind an heißen Tagen überlaufen, und was einem in vergangene­n Sommern manchmal für Essen und Trinken abverlangt wurde, sind Innenstadt­preise, obwohl man auf klapprigen Sesseln sitzt. Und wo bitte sind nach all den Jahren die Toiletten? Aber noch geht sich das alles irgendwie aus – ein bisschen Sommerfeel­ing inmitten von Beton.

Newspapers in German

Newspapers from Austria