„Die Ideologie ist noch in ihm drinnen“
Terrorprozess. Dramatisches Finale der Verhandlung gegen Lorenz K.: Der 19-Jährige, der einen Zwölfjährigen zu einem Bombenanschlag angestiftet haben soll, zeigte Reue. Doch der Staatsanwalt kaufte ihm die Umkehr nicht so recht ab.
Es geht um Anstiftung zum Terrormord. Nicht „nur“um Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Und der Staatsanwalt blieb auch am Freitag, in der Schlussphase des großen Wiener Terrorprozesses gegen Lorenz K. (19), dabei: K. habe Ende 2016, als 17-Jähriger, einen damals gar erst Zwölfjährigen dazu angestiftet, eine selbst gebaute Nagelbombe auf dem Weihnachtsmarkt in Ludwigshafen (RheinlandPfalz) zu zünden.
Der Bursch war mit der Bombe bereits am Ziel. Er schaffte es aber glücklicherweise nicht, den Sprengsatz zu zünden.
Es habe keine Anstiftung gegeben, erklärte am Freitag Verteidiger Wolfgang Blaschitz in seinem Plädoyer. Der Zwölfjährige sei schon von sich aus entschlossen gewesen, einen Anschlag im Namen der Terrormiliz Islamischer Staat, IS, durchzuführen.
Für seinen Klienten, den jüngeren Sohn einer albanischen Einwandererfamilie, die in Wien lebt (Mutter: Krankenschwester, Vater: Sozialbetreuer), gelte: „Er ist verirrt, aber kein verlorener Sohn.“Es gelte nun, den jungen Mann (Lorenz K. ist bereits wegen Straßenraubes vorbestraft) wieder „an die Gesellschaft heranzuführen“.
Konter des Anklägers: Selbst wenn das mit der inneren Umkehr des jungen Angeklagten stimme, bleibe immer noch der belastende Umstand, dass K. durch Bestärken und motivierendes Zureden (per InternetChat) einen psychischen Beitrag, also Beihilfe, zum (geplanten, aber im Versuchsstadium stecken gebliebenen) Terrormord geleistet habe. Und wie sieht es mit Deradikalisierung aus? Nun, der Staatsanwalt zeigte sich äußerst skeptisch: „Da ist ein Prozess im Gange, der noch lange nicht abgeschlossen ist.“Und: „Die Ideologie ist noch in ihm drinnen.“
Lorenz K. selbst: „Ich habe einen Riesenmist gebaut.“Er gestand zu, dass er – nachdem er 2016 der Terrormiliz die Treue geschworen hatte – noch immer „nicht komplett geheilt“sei. Wohl nicht ganz dazu passender Nachsatz: „Aber von dieser Ideologie distanziere ich mich.“
Erinnerung an „Ebu Tejma“
Der Prozess gegen Lorenz K. – voriges Jahr hatte der damalige ÖVP-Innenminister Wolfgang Sobotka diesen Terrorfall auf einer viel beachteten Pressekonferenz bekannt gemacht – erinnert an einen „alten Bekannten“der Salafistenszene: an den Prediger Mirsad Omerovic. Der heute 36-Jährige hatte es als „Ebu Tejma“innerhalb der Salafistenszene zu fragwürdiger Bekanntheit gebracht. Seine radikal-islamischen Predigten fanden im Internet starke Verbreitung. Vor allem junge, ungebildete, orientierungslose Männer fielen darauf herein.
Omerovic selbst hatte stets beteuert, niemanden dazu aufgerufen zu haben, in den Jihad zu ziehen. Ein Grazer Schwurgericht glaubt ihm das aber nicht. Und verurteilte den aus einer muslimischen Enklave in Serbien stammenden Ideologen wegen versuchter Anstiftung zum Terrormord zu 20 Jahren Haft. Der Spruch ist mittlerweile rechtskräftig.
Zurück zu Lorenz K. Er hatte die im Netz kursierenden Videos von den OmerovicPredigten mit Feuereifer verfolgt. Und diese auch dem Zwölfjährigen empfohlen. Auch bei dem Burschen fielen die Botschaften des Predigers auf fruchtbaren Boden. So sagte der Strafunmündige als Zeuge (per Videokonferenz) im Wiener Prozess aus: „Ich habe eigentlich alles von ihm (Omerovic, Anm.) gelernt.“
Ob die Geschworenen Lorenz K. wegen Beteiligung am Terrormord verurteilen, stand zuletzt noch aus.