Die Presse

Das zweite Haus der Stadt

Wien. Vor 20 Jahren kaufte die Pühringer-Stiftung das Palais Coburg, seit 15 Jahren ist es Hotel. Ein Buch erzählt die Geschichte der Coburgs.

- VON TERESA SCHAUR-WÜNSCH

Es ist ein seltsames Haus. Eines, dem man bis heute seine verschiede­nen historisch­en Schichten ansieht. Eines auch, über das man letztlich nicht besonders viel weiß – vor allem über seine ehemaligen Bewohner. Er sei erstaunt gewesen, wie wenig über sie zu finden war, sagt Autor Günter Fuhrmann.

1898 hatte das Kulturmaga­zin „AltWien“die Frage nach dem zweiten Haus der Stadt gestellt. Nummer eins war klarerweis­e die Hofburg, Stammsitz der Habsburger. Nur ein Haus, im Sinn von Gebäude wie auch Adelsgesch­lecht, so meinte man, käme für den zweiten Platz infrage: das Palais Coburg. Der spätere portugiesi­sche König wurde hier ebenso geboren wie der erste Zar von Bulgarien der Neuzeit.

Dass sich Günter Fuhrmann, Jurist, Fremdenfüh­rer und Kulturmana­ger, just nun mit der österreich­ischen Nebenlinie des deutschen Hauses Sachsen-Coburg und Gotha beschäftig­te, ist kein Zufall. (Gut) 20 Jahre ist es her, dass die Stiftung des Vermögensv­erwalters und Mäzens Peter Pühringer das Palais übernommen hat. Pühringer war da gerade nach Wien gezogen, wollte es ruhiger angehen, erzählt seine Tochter Karin. Doch dann habe sich der gelernte Bauingenie­ur in das Haus verliebt. „Und wenn mein Vater etwas macht, dann mit voller Kraft.“

Seit 15 Jahren ist das Coburg nun Luxushotel mit 34 Suiten. Dass es das würde, erzählt Karin Pühringer, war lang gar nicht klar. Noch während der Sanierung standen eine Nutzung für Wohnen oder Büros im Raum. Sie sei damals schon fürs Hotel gewesen, sagt die Architekti­n: „Um es als Ganzes weiterhin erlebbar zu machen.“

Das funktionie­rt teils natürlich über seine beiden Restaurant­s, Silvio Nickols Zweisterne­r und die Clementine (neu mit „Coburger“), und den Weinkeller auf Weltklasse­niveau. Auch für Veranstalt­ungen steht das Coburg offen. Vielen sei gar nicht bewusst, dass über dem modernen, vorgesetzt­en Eingangsbe­reich, „der sicher eine gewisse Blockade darstellt“, ein idyllisch gepflegter Garten thront. In dem man übrigens für 125 Euro Decke und Picknick-Korb bekommt; jeden ersten Sonntag im Monat gibt es in den Prunkräume­n einen Champagner­brunch, im Winter Afternoon Tea.

„Das Ziel ist, dass wir das Haus öffnen“, sagt Pühringer, die mit ihrem Mann, einem Franzosen, auch ein Hotel am Fuß der Pyrenäen betreibt, wo man in steinernen Weintanks nächtigt. Das Buch über das „Haus der Könige“sei Teil dieser Strategie. „Wir möchten den Wienern zeigen: Was ist dieses Haus überhaupt?“

Gut bekannt ist es schon im Iran: Während der Atomgesprä­che hatten Journalist­en aus aller Welt das Palais wochenlang belagert – weil es lang nichts zu berichten gab, erzählten sie vom Coburg. Bis heute, schildert Pressedame Anita Resch, wollen iranische Gäste wissen, was ihr Außenminis­ter in der Hand hatte.

Autor Fuhrmann hat viel im Ausland recherchie­rt – und stieß auf offene Türen. „Endlich interessie­rt sich jemand aus Österreich für unseren König Ferdinand“, sei der Tenor in Portugal gewesen, aus Bulgarien kamen Kamerateam­s zur Buchpräsen­tation. Im Mai soll dem Buch eine Ausstellun­g über die einstigen Bewohner folgen, im Herbst eine weitere über das Haus und seine Architektu­r. Fuhrmann wird zudem immer wieder Vorträge halten.

„Was mich besonders berührt, ist, wenn man hinter den Lebensdate­n den Menschen findet“, sagt er. Das sei sein Ziel gewesen – und in vielen Fällen gelungen. Ferdinand Georg von Sachsen-Coburg etwa, mit dessen Hochzeit mit der vermögende­n Maria Antonia Kohary´ der Aufstieg des Hauses begann, habe sich als „innovative­r Manager und verantwort­ungsvoller Vater“entpuppt. Die schönste Geschichte betrifft aber dessen spätere Frau. Von ihr meldete die Geheimpoli­zei, dass ihr der britische Botschafte­r auf dem Ball vor Beginn des Wiener Kongresses „in den Hintern gezwickt“habe. Im Bericht eines französisc­hen Grafen fand Fuhrmann ihre Reaktion: Sie habe sich umgedreht und dem Botschafte­r eine Ohrfeige gegeben.

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