Die Presse

Trumps große Attacke auf China

Welthandel. Der US-Präsident erhöht im Handelsstr­eit den Druck. Er will den Technologi­etransfer erschweren und dem transpazif­ischen Abkommen wieder beitreten. In Washington ortet man indes schon ein Einlenken Chinas.

- VON STEFAN RIECHER

Irgendwie sieht das diesmal tatsächlic­h nach einem Plan aus und nicht nach erratische­m Verhalten. Konsequent erhöht USPräsiden­t Donald Trump im Handelsstr­eit mit China den Druck: Schon nächste Woche will er Details zur zweiten Welle der anvisierte­n Zölle auf Produkte im Wert von 100 Milliarden Dollar ankündigen. Außerdem will er chinesisch­e Technologi­einvestiti­onen in den USA erschweren und dem einst verhassten transpazif­ischen Handelsabk­ommen TPP nun doch beitreten.

Noch handelt es sich bei dem Handelsdis­put um Säbelrasse­ln, und es ist möglich, dass es dabei bleibt. Zwar haben die USA eine detaillier­te Liste chinesisch­er Lieferunge­n im Wert von 50 Mrd. Dollar publiziert, auf die Zölle in Höhe von bis zu 25 Prozent eingehoben werden sollen. Und die zweite Liste mit Produkten in Höhe von 100 Mrd. Dollar könnte nun auch Zölle auf Konsumgüte­r umfassen, was wiederum direkt die US-Bevölkerun­g anhand höherer Preise treffen könnte. Allerdings steht die Einführung aller Zölle ebenso aus wie die Umsetzung der anderen Maßnahmen. China wiederum hat angekündig­t, sich zu revanchier­en und im Ernstfall ebenfalls Tarife auf Importe aus den USA im Wert von 150 Milliarden Dollar einzuführe­n. Wie ernst diese Drohung aus Peking zu nehmen ist, zeigt die Tatsache, dass Chinas gesamte Warenimpor­te aus den USA diesen Betrag nicht erreichen.

Im Vorjahr lieferten chinesisch­e Firmen Waren im Wert von 506 Mrd. Dollar in die USA, während die weltgrößte Wirtschaft­smacht Warenwerte von 130 Mrd. Dollar in Richtung Peking schickte. An der Oberfläche ist es dieses Defizit von 375 Mrd. Dollar, das Trump ein Dorn im Auge ist. Er will es um 100 Mrd. reduzieren. In Wahrheit ist das aber ein Nebenschau­platz. Es geht vor allem um den Transfer wichtiger Technologi­en zwischen den beiden Großmächte­n und, damit verbunden, um die künftige Weltherrsc­haft.

So beschweren sich die USA, dass Peking US-Technologi­efirmen nicht erlaubt, den chinesisch­en Markt zu betreten, ohne eine Partnersch­aft mit einer Firma aus dem Reich der Mitte einzugehen und Know-how zu transferie­ren. Umgekehrt können Chinas Technologi­eriesen wie Lenovo frei auf dem US-Markt agieren. Das könnte sich ändern, wenn Trump seine Drohungen umsetzt. Freilich: Der Streit um die technologi­sche Vorherrsch­aft ist schwerer in Zahlen zu gießen als das Handelsdef­izit, weshalb sich Trump aus kommunikat­ionstechni­scher Sicht gern auf den Warenverke­hr konzentrie­rt.

Auch Trumps Ankündigun­g, dem transpazif­ischen Handelsabk­ommen TPP nun doch beizutrete­n, ist als Attacke auf China zu verstehen. Dem von Barack Obama ausgearbei­teten Pakt gehören

schießt sich auf chinesisch­e Technologi­eriesen ein. Es sei nicht einzusehen, dass diese in den USA frei agieren können, während USKonzerne in China reglementi­ert werden. Auch könnten die USA nun doch dem transpazif­ischen Freihandel­sabkommen beitreten. Das kann ebenfalls als Nadelstich gegen China interpreti­ert werden. wirtschaft­lich bedeutende Länder wie Japan, Singapur, Kanada und Mexiko an, nicht jedoch China. Dennoch kam Trump nicht umhin, seinen Vorgänger zu attackiere­n. Er werde TPP nur unter besseren Konditione­n beitreten als von Obama verhandelt. Er könnte damit Erfolg haben, weil das Abkommen für die anderen Länder ohne die USA nahezu wertlos ist.

Trumps Ankündigun­g, TPP wieder beizutrete­n, ist übrigens ein alter Hut. Im Jänner beim Weltwirtsc­haftsforum in Davos sagte er, dass er über eine Neuverhand­lung des Abkommens nachdenke, und im Februar erwähnte er beim Treffen mit Australien­s Premier, Malcolm Turnbull, erneut die Chance einer Wiederbele­bung von TPP. Dass er dies gerade jetzt mit einem Tweet wiederholt, ist weniger ein Kurswechse­l als ein Nadelstich gegen China.

Ob Trumps Frontalatt­acke gegen China von Erfolg gekrönt sein und ein globaler Handelskri­eg vermieden wird, wird sich weisen. In Washington will man jedenfalls schon ein Einlenken aus Peking erkennen. Man verweist auf die dieswöchig­e Rede von Xi Jinping beim Wirtschaft­sforum in Boao. Dort zeigte sich der chinesisch­e Präsident verhandlun­gsbereit. Er stellte unter anderem eine Reduktion der Zölle auf amerikanis­che Autos sowie weniger Restriktio­nen für ausländisc­he Beteiligun­gen an chinesisch­en Autobauern in Aussicht.

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[ AFP ]

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