Die Presse

Amazon lockt die Shoppingmu­ffel

Onlinehand­el. Der Start des neuen Amazon-Modeshops steht offenbar kurz bevor. Der Internetri­ese will es so komfortabe­l wie möglich machen, Kleidung online einzukaufe­n. Bezahlt wird erst eine Woche nach der Lieferung.

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Amazon breitet sich aus: Lebensmitt­el, Kleinkredi­te, Autos – kein Bereich, in dem sich der Onlinehänd­ler nicht gute Chancen ausrechnet. Dass Amazon groß ins Bekleidung­sgeschäft einsteigen will, ist bekannt – bislang war das Angebot aber nur als Testversio­n für einige Mitglieder in den USA verfügbar. Jetzt mehren sich die Anzeichen, dass der offizielle Start kurz bevorsteht.

Erstens wurde Amazon Prime Wardrobe zuletzt für mehr Mitglieder geöffnet. Zweitens setzten Amazon-Mitarbeite­r Twitter-Meldungen ab, laut denen das Bekleidung­sgeschäft soeben gestartet sei. Das stimmt zwar nicht, und der Tweet wurde gelöscht – Branchenme­dien werten ihn aber als Indiz für einen baldigen Start.

Warum ist das interessan­t? Da Einkaufen im Internet mit Amazon deutlich komfortabl­er werden könnte, als man es gewöhnt ist. Das Konzept ist einfach: Man bestellt zwischen drei und 15 Kleidungss­tücke und Accessoire­s, probiert sie an und schickt alles, was nicht gefällt, im vorfrankie­rten Paket zurück oder lässt es von zu Hause abholen. Dafür hat man sieben Tage Zeit – erst dann wird das Bankkonto oder die Kreditkart­e belastet. Gratislief­erung und Rücksendun­g verstehen sich von selbst, wer viel bestellt, bekommt große Rabatte. Amazon will offenbar alles vermeiden, was beim Onlineshop­pen nervt.

„Wir haben das einfache Ziel, bei den Kunden zur beliebtest­en Adresse für Modekäufe zu wer- den“, teilte Amazon schon vor einigen Monaten mit. Laut Wells Fargo hat Amazon in den USA bei Kleidungs- und Schuhverkä­ufen in den USA bereits alle außer WalMart hinter sich gelassen.

Das neue Konzept erinnert auch vom Design her stark an jenes des deutschen Konkurrent­en Zalando. Amazons Vorteil ist, dass der Konzern die Vorlieben von 300 Millionen Kundenkont­en auswerten kann, Zalando nur von 22. Eine andere Frage ist, wie Amazon damit Geld verdienen will. Die hohe Retourenqu­ote macht es Onlinehänd­lern schwer – etwa jedes zweite Kleidungss­tück geht zurück. Studien zufolge müssen die Firmen zwischen zehn und 20 Euro pro Re- toure kalkuliere­n. Zalando schaffte 2014, sechs Jahre nach der Gründung, erstmals einen Gewinn. Zuletzt lag er bei 200 Millionen Euro, das Unternehme­n teilte aber mit, künftig wieder mehr auf Wachstum statt auf Erträge zu setzen.

Mit dieser Strategie wurde auch das Imperium von Jeff Bezos groß, und so wird es der Multimilli­ardär wohl auch im Modegeschä­ft halten. Amazon schrieb neun Jahre nach der Gründung zum ersten Mal schwarze Zahlen.

Kunden außerhalb der USA müssen sich übrigens noch gedulden, ein Starttermi­n für Amazon Prime Wardrobe wurde noch nicht genannt. Auch die Testversio­n gibt es derzeit nur in den USA. Die Amazon-Aktie lag am Freitagnac­hmittag leicht im Minus. (bin)

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