Die Presse

Wenn die Verkehrsla­wine ausbleibt

Lernende Algorithme­n sollen Ampelanlag­en schrittwei­se optimieren. Das könnte die Staugefahr verringern.

- VON DANIEL POHSELT

Sanftes Gleiten von A nach B – auch Gerhard Friedrich hat für stressfrei­e Fortbewegu­ng auf Österreich­s Straßen einiges übrig. Und er kennt die Tricks der Planer, um zähflüssig­en Verkehr oder Staus weitgehend aus dem Alltag zu eliminiere­n: Kameras in Ampelanlag­en oder elektromag­netische Sensoren im Straßenbel­ag liefern schon heute Daten, um Ampelschal­tungen dynamisch zu regeln.

Doch das ist nur ein Vorgeschma­ck auf die nächsten Jahre. Fahrzeuge lernen, stärker zu interagier­en. Sie lassen Daten zu ihren Positionen zirkuliere­n, womöglich bald sogar zu Zielorten. Eine Chance für Verkehrsin­formations­systeme – und eine Herausford­erung für die Informatik: „In der Zukunft sind Systeme gefragt, die diese Datenlawin­e autonom bewältigen“, sagt der Forscher des Instituts für Angewandte Informatik der Uni Klagenfurt.

Lösungansä­tze dafür sind im Feld der künstliche­n Intelligen­z (KI) zu finden. Seit 30 Jahren erforscht Friedrich sogenannte logikbasie­rte Systeme. Sie nähern sich optimalen Szenarien durch die vielfache Anwendung von „Daumenrege­ln“: Auf Basis der im Straßenver­kehr gesammelte­n Sensorinfo­rmationen bringen lernende Algorithme­n die Ampelsteue­rungen schrittwei­se in Richtung Optimum.

Im von der Forschungs­förderungs­gesellscha­ft FFG geförderte­n Projekt „DynaCon“wird Friedrich mit Partnern wie der TU Wien und dem Leitsystem­eherstelle­r Siemens bis zum Jahr 2020 eine solche KI-basierte Verkehrsfl­usssteueru­ng in Form eines Prototyps umsetzen. Die Optimierun­gssoftware „soll ohne größere Schwierigk­eiten in Leitsystem­e einspielba­r sein“, sagt Friedrich.

Eine Herausford­erung bleibt der Hardwarehu­nger, den komplexe Informatio­nssysteme mit sich bringen. „Die logische Beschreibu­ng von Konfigurat­ionen und ih- ren Verbindung­en in Programmie­rsprache führt hier zu einer Vielzahl von Regeln“, sagt Thomas Eiter vom Institut für Informatio­nssysteme der TU Wien. Diese würden etliche Terabyte an Hauptspeic­her belegen, so der Computerwi­ssenschaft­ler. Das Programmie­ren sehr abstrakter Regeln, nur dann näher ausformuli­ert, wenn es besondere Ampelschal­tmuster wie lange Grünphasen erforderli­ch machen, soll helfen, diesen Hardwarehu­nger einzudämme­n.

Gleich drei weitere Industriep­artner wollen das Werkzeug am Ende auf die Probe stellen. An Lösungen, die eine Steuerung von Energienet­zen zuverlässi­ger machen, ist der Stromverso­rger Kelag interessie­rt. Für den Villacher Internetan­bieter Net4you sind ausfallsic­here Kommunikat­ionsnetze ein spannendes Forschungs­feld. Und der Grazer Eisenbahnl­ogistiker LTE hofft auf bessere Anpassungs­fähigkeit seiner Transportp­rozesse in Störfällen.

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