Dampf, der ohne Wasser auskommt
Der Allgäuer befasst sich an der FH Vorarlberg damit, wie sich Energie gewinnen und auch sparen lässt: etwa mit einem schlauen Boiler, der nur bei Bedarf aufheizt.
Insgesamt 13 Jahre hat der neue Leiter des Forschungszentrums Energie an der Fachhochschule (FH) Vorarlberg, Markus Preißinger, in Bayreuth verbracht. Aber nicht etwa, weil der heute 34-Jährige ein begeisterter Wagnerianer wäre, sondern im Dienst der Wissenschaft. Nach der Schule hatte der gebürtige Allgäuer aus der Gegend von Memmingen nämlich den Wunsch, an einer Universität Umwelt und Energietechnik zu studieren. Das verringerte die Auswahl auf wenige Standorte. Nach einem Besuch in Bayreuth war die Wahl dann klar: „Es war in erste Linie eine fachliche Entscheidung und in zweiter eine Sympathiefrage: Bayreuth ist nämlich eine von wenigen verbliebenen Campus-Universitäten in Deutschland. In diesen Campus habe ich mich verliebt.“
Also machte Preißinger dort seinen Umweltingenieur unter der Mindeststudiendauer. Danach hatte er ein Angebot für ein Doktorat an drei Lehrstühlen, wovon er den für Technische Thermodynamik und Transportprozesse wählte: „Ich war dort von Beginn an auch Dozent und habe gleichzeitig vor mich hin promoviert.“2012 wurde er dann Gruppenleiter an diesem Lehrstuhl und außerdem Geschäftsführer des Zentrums für Energietechnik, einer Forschungsstelle der Uni Bayreuth.
Sein Forschungsthema in dieser Zeit war der Organic Rankine Cycle, ein Dampfkraftprozess, der auf organischen Arbeitsmedien statt Wasser basiert. Das Problem bei der Dampf- und in der Folge Stromgewinnung mit Wasser ist nämlich, dass rund 800 Grad dazu benötigt werden. Als Brennmaterial werden dabei meist Gas und Kohle verwendet. Preißinger: „Aber von diesen fossilen Brennstoffen wollen wir ja weg. Eine Mög- lichkeit ist daher, industrielle Abwärme zu verwenden.“Jedoch sei die in der Regel „nur“200, 300 oder 400 Grad heiß, was nicht dazu reiche, Wasserdampf mit genügend hohem Druck zu erzeugen.
Preißingers Spezialgebiet seit nunmehr zehn Jahren ist es daher, organische Medien zu finden, die auf diesem Temperaturniveau bei gleichzeitig ausreichend großem Druck verdampft werden können, um Turbinen anzutreiben und Strom zu erzeugen. Kältemittel zum Beispiel, oder Kohlenwasserstoffe. Viele dieser Mittel sind in ihrer Handhabung allerdings nicht ungefährlich und müssen daher in einem geschlossenen Kreislauf gehalten werden. Preißinger: „Man muss den gesamten Prozess neu aufrollen.“
Mit seiner neuen Aufgabe an der FH Vorarlberg hat sich das Forschungsfeld des Allgäuers aber ein bisschen gewandelt, auch wenn das Interesse an seinem Spezialgebiet selbstverständlich nicht verloren gegangen ist. Grob gesprochen beschäftigen sich die Wissenschaftler am Forschungszentrum Energie nämlich mit zwei Fragen: „Was brauchen wir technologisch jetzt, und was brauchen wir in etwa 15 Jahren, sodass wir den Weg zu einer lebenswerten Energiezu- kunft schaffen?“, schildert Preißinger. So wird etwa an Energiespeichern, die benötigt werden, deren Wirtschaftlichkeit aber noch weit in der Zukunft liegt, geforscht. Gleichzeitig wird auch an intelligenten Technologien für die nächsten Jahre gearbeitet. Etwa an einem „schlauen Boiler“, einem Speicher, der sich immer dann aufheizt, wenn Bedarf besteht. Mittels eines Algorithmus‘ wird dabei errechnet, wann der Benutzer am wahrscheinlichsten heißes Wasser benötigt, und zu diesem Zeitpunkt wird es dann bereitgestellt. Bisherige Speicher sind hier nämlich sehr ineffizient, weiß der Forscher: „Jetzt heizt sich so ein Boiler in der Regel in der Nacht auf, und während des Tages kühlt das Wasser dann langsam ab. Egal, ob und wann jemand duschen will.“
Die neue Arbeit gefällt Preißinger: „Diese Forschung geht noch mehr in kleinere und dezentrale Einheiten.“Auch sonst ist das neue Umfeld etwas anders, als dies an der Universität Bayreuth der Fall war. Die Bedingungen am Forschungszentrum seien zwar ähnlich denen, die man an einem einzelnen Universitätslehrstuhl vorfinde, aber: „Hier gibt es eine deutlich höhere Dynamik. Die FH, die Politik, die Industrie ziehen alle in die gleiche Richtung. Das gefällt mir.“Und noch einen Vorteil hat der neue Posten: Er ist näher an der Allgäuer Heimat.
(34) studierte an der Universität Bayreuth Umwelt- und Bioingenieurwissenschaften, 2014 schloss er das Doktorat summa cum laude ab. Ab 2012 war er Gruppenleiter „Energiesysteme und Energietechnologien“und Geschäftsführer des Forschungszentrums für Energietechnik. Seit August 2017 hält er eine Stiftungsprofessur für Energieeffizienz und leitet das Forschungszentrum Energie in Vorarlberg.