Technik, Esoterik, Alkohol
Margit Schreiner arbeitet seit vielen Jahren an einer Chronik unserer westlichen Wohlstandsidyllen. Dabei lässt sie mit viel Humor und sprachlicher Eloquenz keinem ungeschriebenen Gesetz des urbanen Zeitgeists seine Gestalt. Deshalb sind ihre Bücher zugleich erhellend, schockierend und vergnüglich.
Wie meist erzählt sie auch in ihrem neuen Roman, „Kein Platz mehr“, scheinbar von sich und formt daraus allgemeine Befunde über die unterschiedlichen Arten des Scheiterns. Mit lockerer Hand katalogisiert sie unsere Überforderung als umweltbewusste Konsumenten, politische Zeitgenossen und „moderne“Individuen, die für alles selbst verantwortlich sind, für den Gesundheitszustand wie den Familienstatus, das Maß an Glück wie Lebenszufriedenheit, die Finanzlage und die Befindlichkeit unserer Lieben wie der Welt insgesamt. Und natürlich für Qualität und Glücksfaktoren unseres Lebensabends.
Es ist ein Freundeskreis der gebildeten Mittelschicht, an dem Schreiner das Manövrieren durch die Klippen des Alltags verfolgt. Da sind der Pensionsschock des Kulturressortleiters und der knapp verfehlte Pensionsanspruch des italienischen Universitätslehrers, die einen haben ein Holzhäuschen am Badesee, andere eine Ferienwohnung in Italien oder ein ererbtes altes Schloss, das mit den Einnahmen aus der Vermietung für schnell einmal entgleisende Hochzeiten oder andere Festlichkeiten – mit entsprechenden Reinigungskosten – kaum zu erhalten ist; es gibt bekennende Couch-Potatos, Weltreisende und fitte Radler. Motivationsdefizite lauern freilich überall, die Bandbreite, damit umzugehen und drohende Depressionen abzuwenden, ist groß, der Erfolg wechselnd – und die Gesamtlage bessert sich im Lauf der Jahre eher selten.
„Allein die Dinge, die sich im Laufe eines Lebens ansammeln!“So lautet der erste Satz, und das zielt auf die Ablagerungen, die unsere Überflussgesellschaft zu hinterlassen pflegt, auf den Müllhalden wie in den Eigenheimen. Egal, ob Paare mit erwachsenen Kindern oder kinderlose, gewordene oder gebliebene Singles, den Preis für den lebenslangen Konsumismus zahlen sie alle, seien es die Spuren der längst ausgezogenen Kinder, die Folgen von Kaufrauschattacken, seien es einfach die ein Leben lang angehäuften schönen bis praktischen Dinge und Erinnerungsstücke.