Werktage am Strand, Arbeiten unter Palmen
Sri Lanka. Im tiefen Süden gibt es Sandstrände, in denen vermutlich nie ein Sonnenschirm steckte. Unberührt sind sie trotzdem nicht.
So fühlt es sich also an, wenn man ein Poster betritt. Eines dieser kitschigen Traumstrandbilder mit weißem Sand, überhängenden Kokospalmen und blauem Meer. Schon in der zweidimensionalen Variante irritiert, dass diese Strände immer menschenleer sind. Hat man alle Sonnenhungrigen, Strandburgenbauer und Wassersportler für eine Stunde des Strandes verwiesen? Vielleicht unter Vorspiegelung falscher Tatsachen? Hier jedenfalls gibt es nichts dergleichen. Der Traum von einem Strand ist einfach leer, grundlos. Nicht die minimalste Infrastruktur für Badende ist vorhanden. Kein Kiosk, kein Eiswagen, keine Strandbar, kein Boardverleih, kein Schild, das auf gefährliche Strömungen verweisen würde. Blickt man tiefer in den Schatten, bewegt sich dort doch etwas. Unter den Palmen liegen die hölzernen Auslegerboote der Einheimischen. Ein junger Mann nutzt eines als Liegestuhl, ein paar Kinder spielen um die Kufen herum. Aus einem Kleinbus schallt Popmusik. Sonst nichts, kilometerweit.
Unberührte Strände im tiefen Süden Sri Lankas. Da hat das Tourismusmarketing nicht geschummelt. Es gibt sie noch. Unberührt jedenfalls von Badetüchern und Sonnenschirmen. Natürlich nicht ungenutzt. Sie dienen den Kindern als Spielplatz, den Jugendlichen als Treffpunkt, den Erwachsenen als Arbeitsplatz. Die Strände sind zugleich Hinterhöfe der Häuser, die wild in den Palmengürtel gewürfelt werden. Dazwischen Buddhastatuen und Anbetungswürdiges in Glasvitrinen. Kühe, Hunde und Wäsche, die über Zäune gehängt trocknet. Die Zufahrten zu den sandigen Sehnsuchtsorten sind eng, holprig, selten verweist ein Schild auf die passende Abfahrt.
Fischerei als Grundlage
Sind wir richtig? Oder doch nicht? Es herrscht Uneinigkeit. Kaum öffnen wir die Autotür, erübrigt sich jegliche Diskussion. Es riecht streng nach Fisch. Wir sind am Cadulana Beach bei Nilwella, wo Jayantha Shirani mit einem Dutzend Mitarbeitern Trockenfisch herstellt. Manche kommen von weit her zum Arbeitsplatz am Strand und beziehen für Wochen Quartier. Jayantha selbst hatte sein Haus 200 Meter hinterm Strand stehen, bis es der Tsunami mitgenommen hat – samt seiner Tochter. Man wagt kaum weiterzufragen. Sein neues Zuhause hat er mit Sicherheitsabstand errichtet. Der Vierzigjährige mit Flecktarnshorts und Party-Shirt arbeitet jeden Tag, „außer an Vollmond“betont er, denn diese Tage sind im Buddhismus besondere. Sein Bruder baut zwanzig Meter weiter ein großes, buntes Fischerboot, der Stolz der Familie. Ist es einmal fertig, können sie dank großer Tanks und viel Platz für den Fang sechs Wochen auf dem Meer bleiben. Das ist gut, denn irgendwie muss man andere Boote übertrumpfen, von denen es zu viele gibt, weil nach dem Tsunami vor zehn Jahren Unmengen an Spenden für neue Boote eintrafen. Drei Arbeiter fertigen gerade aus Glasfaser den Ausguck, so überlagert Kunstharzgeruch den in der Sonne dörrenden Fisch. Der liegt auf Kokosbahnen aufgeschnitten und ausgeweidet hinterm Sandstrand. Abends kommen Plastikplanen drüber, bis er dann in Secondhand-Kartons verpackt wird. Auf manchen steht Maggi, auf anderen etwas Chinesisches. Den lokalen Markt schert es nicht, Hauptsache es taugt fürs Curry.
„Der Strand ist nicht dazu da, sich hinzulegen und Spaß zu haben, sondern um davon zu leben und fischen zu gehen. Bis vor Kurzem war das jedenfalls so“, resümiert Angelo, 38, Italiener, der für ein paar Wochen im Betrieb der Familie eines Freundes in Mirissa aushilft. Von der Hauptstadt, Colombo, aus kriecht der Tourismus die Küste hinunter. Da ist das eigens für Urlauber geschaffene Bentota. Sowie der einstige Hippiestrand Hikkaduwa – längst Ziel von Pauschalurlaubern und Ort für Strandverkäufer, die Kokosnüsse, Aloe Vera und Patchworkdecken feilbieten. Unawatuna, bekannt als schönster Strand Sri Lankas, an dem schon holländische Kolonialherren ihre Villen bauten, ist längst kein Geheimtipp mehr. Und in Mi-