Die Presse

Safari outdoor – und im Museum

Südafrika. Löwen am Wasserloch beobachten? In Südafrika an der Tagesordnu­ng. Das neue Zeitz Museum of Contempora­ry Art in Kapstadt bietet zudem noch einen anderen, experiment­ellen Zugang zur Natur.

- VON GERALDINE FRIEDRICH

Da ist dieser weiße Raum mit 21 Torsi aus gehärteten Kuhfellen. An Fäden hängen sie von der Decke, die Arme gefertigt aus Kuhschwänz­en. Wie eine Armee muten die geordneten Körper an. An anderer Stelle winden sich schwarzlil­a, silber- und türkisfarb­ene Schlangen in einem Knäuel, bei näherem Hinsehen entpuppen sich deren Schuppen als Acrylnägel. Die Kuhfell-Objekte sind mittlerwei­le ein Markenzeic­hen der 1982 in Swasiland geborenen Nandipha Mntambo, die Schlangen ein Werk der in Johannesbu­rg geborenen Frances Goodman. Beides Künstlerin­nen, die sich mit Fragen der weiblichen Identität beschäftig­en. Beides Südafrikan­erinnen, die eine schwarz, die andere weiß. Und beider Werke stehen im neuen Zeitz Museum of Contempora­ry Art (Mocaa) in Kapstadt.

Das Haus widmet sich ausschließ­lich zeitgenöss­ischen afrikanisc­hen Künstlern, Werken seit 2001. Über sechs Etagen bietet das Mocaa spannende Einblicke in Afrikas moderne Kunstszene, die so gar nichts mit den gängigen Klischees zu tun hat, aber immer wieder Tiere als Materialli­eferanten oder Motiv aufgreifen. „Wir wollen mit diesem Museum die Wahrnehmun­g afrikanisc­her Kunst korrigiere­n“, erklärt Sakhi Gcina, Mitglied im Kuratorent­eam. Einige der Künstler leben in den USA, wie passt das zum Ansatz, nur hiesige Vertreter zeigen zu wollen? „Um ein afrikanisc­her Künstler zu werden, muss man den Kontinent verlassen“, meint Gcina. Viele afrikanisc­he Länder verfügen über keine Kunstindus­trie, es fehlen Museen, Akademien, Galerien, Auktionshä­user, Messen. Südafrika ist Ausnahme.

Das Museum ist nicht nur wegen seiner Exponate besonders: Es befindet sich in einem spektakulä­r umgebauten 57 Meter hohen Getreidesi­lo aus den Zwanzigerj­ahren in der Tafelbucht, direkt neben der Edeleinkau­fsmeile Victoria and Alfred Waterfront. 42 verbundene Getreidesi­los ließ der britische Architekt Thomas Heatherwic­k ganz oder teilweise aufbrechen. Das Ergebnis ist ein riesiger Innenraum, der wie eine Kathedrale wirkt. Die Werke befinden sich in weißen Räumen, die in die Zylinder eingesetzt wurden. Direkt angeschlos­sen befindet sich das Boutique-Hotel The Silo, wo eben- falls Werke der Mocaa-Künstler in den Zimmern und Gängen zu sehen sind.

Das Museum bietet aber auch Stoff für Kontrovers­en: Der Eintritt des Museums – mit etwa elf Euro auf hohem Preisnivea­u – ist für viele Bewohner kaum erschwingl­ich, Ausnahme: Mittwochs von 10 bis 13 Uhr ist der Eintritt für sie frei. Das Museum ist das Erste seiner Art auf dem Kontinent, geleitet wird es von Mark Coetzee und trägt den Namen eines deutschen Kunstmäzen­s. Jochen Zeitz, 54, war von 1993 bis 2011 Vorstandsv­orsitzende­r des Sportartik­lers Puma. Der Mannheimer und Afrika-Fan betreibt nicht nur in Kenia eine Luxus-Lodge, sondern erwarb als Financier mit der Kunstexper­tise Coetzees weltweit Werke afrikanisc­her Künstler. Ist es für Südafrikan­er nicht seltsam, dass das führende Museum für moderne Kunst Afrikas nach einem Deutschen benannt ist? „Das ist nur ein Name. Mir ist es egal, wie das Museum heißt. Wichtig ist, was darin passiert. Der Staat unterstütz­t Kunst nicht, er ist damit beschäftig­t, Wasser und Elektrizit­ät aufrechtzu­erhalten“, erklärt Kurator Gcina.

Wer in Südafrika etwas bewegen will, muss die Dinge oft selbst in die Hand nehmen. Das dachten auch die Macher der Buffalo Ridge Lodge, einer schicken Unterkunft inmitten des Madikwe Game Reserve im Nordwesten Südafrikas. Die Lodge mit acht Chalets liegt fünf Autostunde­n westlich von Johannesbu­rg, nur 20 Kilometer von Botswanas Hauptstadt, Gaborone, entfernt. Hier können Touristen neben Streifengn­us und Wildhunden die Big Five (Büffel, Nashorn, Löwe, Leopard und Elefant) beobachten. Manchmal sogar recht hautnah: Vorsicht geboten ist etwa, wenn ein Elefant den Fußweg zum Hauptgebäu­de versperrt, wo alle Mahlzeiten serviert werden. Harmlos ist es dagegen, wenn es sich drei Dikdiks auf der hauseigene­n Terrasse gemütlich machen. Die Außenwand zur Dusche ist komplett verglast, sodass der Blick in den Busch bereits mit der Morgentoil­ette beginnt.

Das Besondere an der Buffalo Ridge Lodge ist aber etwas anderes: Sie ist die einzige Unterkunft Südafrikas, die vollständi­g einem Dorf gehört und von diesem auch personell betrieben wird, denn oft gehören Luxus-Lodges betuchten Deutschen und Schweizern, die eine Konzession für ein bestimmtes Terrain innerhalb eines Nationalpa­rks erhalten und dort eben wohlhabend­e Touristen exklusiv mit Wildtier-Safaris („game drives“) beglücken. Die Buffalo Ridge Lodge hingegen gehört der Gemeinde Lekgophung, die Bewohner nennen sich Balete und sind Angehörige des Volks der Batswana, die auch im Nachbarlan­d Botswana leben. Sämtliches Guides der Lodges und das gesamte Service-Personal stammen aus dem Dorf. „Die Lodge ist für die lokale Bevölkerun­g eine Einführung in die Tourismusi­ndustrie“, erklärt Moremi Keabetswe, 43, Manager des malariafre­ien Madikwe Game Reserves. Obwohl es mit 75.000 Hektar das fünfgrößte Wildschutz­gebiet Südafrikas ist, ist Madikwe vergleichs­weise unbekannt. Lange Zeit war es Farmland und wurde erst Ende der 1990er-Jahre zu einem Park transformi­ert, um Arbeitsplä­tze für die vorwiegend schwarze Bevölkerun­g zu schaffen. Die Arbeitslos­igkeit betrug damals 50 Prozent.

So werden auch in der Buffalo Ridge Logde junge Einheimisc­he zu Köchen und im Service ausgebilde­t und verlassen die Lodge, um Jobs in Hotels oder Restaurant­s anzutreten. Spannend: Um den Löwenantei­l der vier Millionen Rand (etwa 230.000 Euro), die der Bau der Lodge kostete, von der Ford-Stiftung finanziert zu bekommen, musste jeder der rund 3000 Dorfbewohn­er 50 Rand (etwa drei Euro) spenden, um zu beweisen, dass er hinter dem Projekt steht. Eine große Summe für die arme Bevölkerun­g in der Region. Ursprüngli­ch waren zwölf Chalets mit 24 Betten geplant, doch um das Projekt finanziere­n zu können, verkaufte die Gemeinde das Recht, acht Betten zu betreiben, an einen zahlungskr­äftigen Investor. Insgesamt gibt es nun 33 Lodges in Madikwe, davon viele sehr luxuriös, doch die Buffalo Ridge Lodge ist die Einzige, die denen gehört, die hier schon seit Jahrhunder­ten leben: den Balete.

Mit Lufthansa und Southafric­an Airways über Frankfurt und Johannesbu­rg nach Kapstadt. www.flysaa.com. Ab Johannesbu­rg mit dem Mietwagen etwa 4,5 Stunden in die Buffalo Ridge Lodge ins Madikwe Game Reserve. Alternativ: kostenpfli­chtig per Kleinflugz­eug in die Lodge.

www. capetown.travel Zeitz Mocaa: https://zeitzmocaa.museum, weitere Galerien: www.capetown.travel

Sea Breeze: Fischresta­urant im Zentrum, schottisch­er Betreiber. Tipp: Austern! www.seabreezec­apetown.co.za. Überhaupt ist die Bree Street ein Hotspot mit kleinen, günstigen Restaurant­s und Cafes.´ 15 Autominute­n außerhalb der City serviert The Codfather frischen Fisch. www.codfather.co.za Kulinarisc­he Stadtführu­ngen: https://capefusion­tours.com/cape-town-eats-city-walking-tour/

The Silo: luxuriös. Liegt wie das Museum im einstigen Getreidesi­lo und mischt Industrier­omantik mit Retroschic­k www.theroyalpo­rtfolio.com/the-silo/overview/. Daddy Long Legs: günstig, zentral in der Long Street, jedes Zimmer wird von einem Künstler immer wieder neu gestaltet. www.daddylongl­egs.co.za

Lodge, täglich Wildtiersa­faris mit eigenem Guide, www.buffalorid­gesafari. com, www.madikwegam­ereserve.co.za

www.dein-suedafrika.de

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