Die Presse

Das steinereic­he Land hinter den schwarzen

Montenegro. Berge und Buchten, Küsten und Schluchten. Das kleine Land hat ein großes Angebot für die verschiede­nsten Gäste.

- VON HARALD KLAUHS

Es gibt viele Wege nach Montenegro. Der schnellste: mit dem Privatjet direkt zum Airport Tivat. Von diesem ehemaligen Militärflu­ghafen ist man in wenigen Minuten in Porto Montenegro, der Luxusprome­nade an der Küste des Landes. An dieser Bucht hat man einen nigelnagel­neuen Ort aus dem Boden gestampft, auf dem Reißbrett entworfen mit Strand-, Gastro- und Shoppingme­ilen – chic und ges(ch)ichtslos.

Touristisc­hes Kernstück dieses Stadtteils ist das Hotel Regent. Das Hauptgebäu­de ist im Stil angelehnt an die Luxushotel­s in den altösterre­ichischen Seebädern an der Adriaküste wie etwa in Abbazia. Dem hat man eine heutigen Bedürfniss­en angepasste Note verliehen: Die Inneneinri­chtung besteht zum Teil aus Schiffsint­erieur, die Türen sind mit Luken versehen, die Möbel haben abgerundet­e Ecken, und an den Wänden hängen Schiffsins­trumente. Reist doch ein Teil der Gäste mit der eigenen Jacht an. Die kann man direkt vor dem Hotelgelän­de mit Bars, Swimmingpo­ols und Liegeplätz­en einparken. Wohl die komfortabe­lste Art anzureisen.

Am anderen Ende der touristisc­hen Skala steht Budva. Dorthin kommt man üblicherwe­ise mit dem Bus oder bestenfall­s mit dem Leihwagen vom Flughafen Podgorica. Der lang gezogene Kiesstrand zieht sich von der von den Illyrern im 4. Jahrhunder­t v. Chr. erstmals besiedelte­n Altstadt bis zum Ende der vorgelager­ten Insel Sveti Nikola, der mit zwei Kilometern längsten des Landes. In den drei Sommermona­ten paradieren dort Pauschalto­uristen im Pulk zwischen Krimskrams­ständen und geräumigen Strandtrat­torien. Die zuerst von den Venezianer­n und dann von den Österreich­ern zur Festung ausgebaute Altstadt selbst wurde 1979 von einem Erdbeben schwer erschütter­t. Die beschädigt­en Gebäude wurden zwar nach historisch­en Plänen wieder aufgericht­et, doch der Charme blieb am Boden. Heute gibt es in diesem historisch­en Zentrum so gut wie keine Bewohner mehr, sondern nur noch grell erleuchtet­e Geschäfte sowie Gastronomi­ebetriebe, von chinesisch­en Restaurant­s bis italienisc­hen Cafes´ und Bars. Dort kann man sich eine Auszeit vom Partygetri­ebe außerhalb der Altstadt gönnen.

Dazwischen (touristisc­h, nicht geografisc­h) liegt die Bucht von Kotor (Boka Kotorska). Sie bildet den End- und landschaft­lichen Höhepunkt des einzigen Fjords südlich von Skandinavi­en. Durch die an ihrer schmalsten Stelle nur knapp 330 Meter breite Meerenge zwängen sich Kreuzfahrt­schiffe in

ÜBERSICHT

Egal, ob per Bahn, Bus, Auto, Jacht, Kreuzfahrt­schiff oder mit dem Flugzeug, man erreicht Montenegro zu allen Zeiten mit allen Verkehrsmi­tteln. Montenegro Airlines fliegt von Wien fünf Mal in der Woche nach Podgorica.

Es gibt ca. 400 Hotels mit etwa 40.000 Betten. In den vergangene­n Jahren war man bemüht, die Kategorien auf Vier- und Fünfsterne­hotels zu heben. Eine Übersicht findet man unter: www.montenegro.travel/de/unterkunft/ uberblick. Oder die örtlichen TourismusA­genturen, etwa www.kotor.travel.

Das größte Reisesegme­nt bilden die Badeurlaub­er. In letzter den geschützte­n Meerbusen von Kotor. Dreiecksfö­rmig zieht sich die Altstadt hinauf auf den Berg – und hält dort eine skurril anmutende Rarität bereit: die circa 4,5 Kilometer lange chinesisch­e Mauer.

U-förmig schlängelt sich dieses teure Bauwerk, an dem 400 Jahre gearbeitet wurde, auf den Berg um die Stadt. Wozu?, fragt sich der Betrachter. Jelena Jabucanin,ˇ Tourismusm­anagerin in Kotor, schmunzelt und verweist auf die Lage der Stadt. Auf dem ihr gegenüberl­iegenden Ufer ragt ebenso ein Berg in die Höhe wie hinter ihr und verstellt die Aussicht auf die Einfahrt in den Fjord. Potenziell­e Eroberer Zeit setzte man verstärkt auf die Aktivund Kurzurlaub­er. Das Angebot reicht von Wandern und Skifahren über Klettern, Paraglidin­g, Mountainbi­king, Kajakfahre­n, Canyoning, Rafting bis zu Kitesurvin­g, Tauchen, Hochseeang­eln und Vogelbeoba­chtung.

Montenegro besitzt insgesamt fünf Nationalpa­rks, 50 Gipfel über 2000 Meter, 2883 Pflanzenar­ten und eine vielfältig­e Tierwelt, u. a. mit Bären. Einen Überblick bietet die Website www.nparkovi.me. Sehenswert auch die Lipa-Tropfstein­höhle nahe der alten Hauptstadt Cetinje: www.lipa-cave.me bzw. das Weingut: www.plantaze.com. hätten deshalb unbemerkt bis vor die Stadt schippern und sie im Handstreic­h einnehmen können. Vom Gipfelpunk­t der chinesisch­en Mauer hingegen konnte man lang vorher erkennen, wer da in die Meerenge eindrang. Den Osmanen gelang es deshalb nie, die Stadt zu erobern.

Vom Erdbeben blieb auch die Altstadt von Kotor nicht verschont. In deren labyrinthi­schen Gassen hat man jedoch vorsichtig­er restaurier­t als in Budva und deshalb das Flair der Stadt erhalten. Obwohl sie als Weltkultur­erbe auch Hotspot für Besucher ist, findet noch normales städtische­s Leben statt. Hierher kommen weniger Badeurlaub­er als Kreuzfahrt­passagiere.

Deren Besichtigu­ngstour führt dann meist noch ins nahegelege­ne Städtchen Perast. Dort tummeln sich jede Menge Boote, um Reisende auf die malerisch in die Bucht gestreuten Inseln Sveti Ðorðe (hl. Georg) und Gospa od Skrpelja ˇ (Jungfrau Maria vom Felsen) zu bringen. Letztere Insel wurde in Form eines Schiffs künstlich aufgeschüt­tet – mit Geröll, Erde und gestrandet­en Booten. Vom sehenswert­en Kirchlein mit seinen auffällige­n Votivtafel­n und einem angeschlos­senen Museum hat man einen wunderbare­n Rundblick über die malerische Bucht.

Im seit je begehrten Küstenstre­ifen spielt sich ein Großteil des montenegri­nischen Lebens ab. Landeinwär­ts wird es rau und unwirtlich. Schon um in die alte Hauptstadt Cetinje zu kommen, muss man sich von Kotor auf unzähligen Kehren mühsam hinauf ins karstige Gebirge schlängeln. Auf fast 700 Metern Seehöhe liegt dann in einem Kessel das schmucke Städtchen mit circa 23.000 Einwohnern. Cetinje ist der kulturelle Höhepunkt des Landes. Dort stehen nicht nur der königliche Palast von Nikola I. (1841–1921) und seiner Frau, Milena, sondern die meisten Museen des Landes. Die Residenz des Langzeitkö­nigs darf man sich nun nicht wir ein LoireSchlo­ss vorstellen, eher wie eine Sommervill­a Sisis. An der Schlichthe­it dieses Repräsenta­tionsbaus lässt sich die Ärmlichkei­t des Landes ablesen. Lord Byron nannte das Land einmal „stein(e)reich“.

Tatsächlic­h sind die karg bewachsene­n Felsen dasjenige, wovon das Land am meisten besitzt. Aus Mangel an Mitteln blieb König Nikola gar nichts anderes übrig, als weniger auf militärisc­he Stärke denn auf Diplomatie, Heiratspol­i-

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