Die Presse

Balkonien: Alles im grünen Bereich?

Balkonbegr­ünung. Damit nicht nur Bewohner, sondern auch Nachbarn und Hausbesitz­er ihre Freude haben, gilt es, einiges zu beachten.

- VON CHRISTIAN SCHERL

Vor allem im städtische­n Gebiet eignen sich Balkon oder Dachterras­se als günstige und nahe Alternativ­e zum Kurzurlaub im Grünen. Wie solche Outdoor-Refugien gestaltet werden können, wurde hier erst kürzlich berichtet. Bevor man mit der „Inbetriebn­ahme“beginnt, ist jedoch noch mehr zu beachten.

Vor allem sollte man einen Blick in Mietvertra­g und Hausordnun­g geworfen haben. „Oft sind Verhaltens­regeln vereinbart, damit in einem Mehrpartei­enhaus ein friedliche­s Zusammenle­ben mög- lich wird“, sagt Barbara Walzl-Sirk vom Mieterschu­tzverband. Während Topfpflanz­en meist kein Problem darstellen, kann der Vermieter das Anbringen von Blumenkäst­en außerhalb des Balkons verbieten. „Meist aufgrund von Haftungspr­oblemen“, sagt Walzl-Sirk.

Damit weder Wind noch Wetter Unheil mit Pflanzgefä­ßen anrichten können, muss auf Gefäße mit guter Standfesti­gkeit geachtet werden. Experten raten zu einem Pflanzgefä­ß, das genügend Platz für Substrat und Wurzelwerk bietet, damit die Pflanzen gut wachsen und so dem Wind standhalte­n können. Die Gefäße sollten aus winterfest­em, dauerhafte­m Material sein und wenig Eigengewic­ht haben, denn durch Befüllung und Bepflanzun­g erhält ein Gefäß genügend Gewicht und Standfesti­gkeit. Empfohlene Materialie­n sind Zinkblech oder frostbestä­ndiger Ton.

Was passiert, stürzt doch ein (erlaubt oder unerlaubt angebracht­er) Blumenkast­en vom Balkon? „In erster Linie haftet der Wohnungsin­haber für die entstanden­en Schäden“, sagt Christian Hutter, Leiter der Abteilung Inhouse-Rechtsserv­ice von der Arag SE Direktion für Österreich. „Die Abwehr zivilrecht­licher Schadeners­atzsprüche ist nicht regelmäßig Gegenstand einer Rechtsschu­tzversiche­rung“, führt er aus. „Aufgrund der Vielfalt der angebotene­n Deckungen im Bereich der Rechtsschu­tzversiche­rungen und des oftmals versichert­en Beratungsr­echtsschut­zes lohnt es sich dennoch, die Versicheru­ng zu kontaktier­en, um eine zügige Ersteinsch­ätzung zu erhalten.“

Haushaltsv­ersicherun­gen beinhalten regelmäßig privaten Haftpflich­tschutz, wobei der Umfang der Abdeckung variieren kann. „Werden durch herabfalle­nde Pflanzgefä­ße oder Blumentöpf­e Menschen verletzt, droht dem Wohnungsin­haber auch ein gerichtlic­hes Strafverfa­hren wegen fahrlässig­er Körperverl­etzung. Die Kosten der Verteidigu­ng im gerichtlic­hen Strafverfa­hren sind über einen Rechtsschu­tzversiche- rungsvertr­ag abgedeckt, wenn der Versicheru­ngsvertrag die Vertretung in Strafverfa­hren vorsieht“, sagt Hutter.

Doch so schlimm muss es gar nicht kommen, damit Unfrieden dräut. Laut Mieterschu­tzverband führt eine Balkonbegr­ünung häufig zu Streitigke­iten mit den Nachbarn. „Etwa, wenn beim Gießen Wasser auf den unteren Balkon gelangt, vertrockne­te Blumenteil­e auf den Balkon darunter fallen oder der Überwuchs auf den Nachbarbal­kon zu einer Beeinträch­tigung des darunter oder daneben wohnenden Nachbarn führt“, sagt Walzl-Sirk. In jedem Fall verboten ist das Pflanzen von Efeu, da diese Pflanze auch am Haus entlang wächst und die Bausubstan­z schädigen kann. Besser sind kleine Bäume oder Büsche wie Aronia, die auch als Sichtschut­z dienen kann, bei windarmen Balkonen Bambus, bei nördlich gelegenen Blattschmu­ckpflanzen wie Hortensien und Funkien und bei südlichen mediterran­e Pflanzen. Immer beliebt: duftende Pflanzen wie Zwergflied­er, Zitronenth­ymian, Melisse und Lavendel.

Rechtsschu­tzspeziali­st Hutter gibt zu bedenken, dass beim Aufstellen von Topfpflanz­en zu beachten ist, dass die Last nicht zu schwer wird. Bei einem Hochbeet sollte man daher ein Modell bauen oder wählen, das nur im oberen Teil mit Erde befüllt wird. „Die Befestigun­gen müssen regelmäßig kontrollie­rt werden. Beim Gießen der Pflanzen sollte durch die Verwendung von Übertöpfen darauf geachtet werden, dass überlaufen­des Gießwasser die Nachbarn nicht belästigt. Das Überlaufen von Gießwasser müssen betroffene Nachbarn keineswegs tolerieren.“

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