Die Presse

Peter Kolba ist weniger Problem denn Symptom der Liste Pilz

Dass dem Klubobmann die Linie fehlt, liegt daran, dass die Partei keine hat. Der Klub besteht aus Einzelkämp­fern, manche boxen besser, manche schlechter.

- E-Mails an: anna.thalhammer@diepresse.com

P eter Kolba, seine polternden Auftritte und das ewige Revidieren der eigenen Aussagen sind ein Problem für die Liste Pilz. Allerdings ist der Frontmann nicht mehr als ein Symptom dessen, woran die Opposition­spartei als Ganzes krankt.

Dass bei Kolbas Auftritten die Linie fehlt, liegt auch schlicht daran, dass die gesamte Partei keine hat. Weder in zwei noch in zehn Sätzen lässt sich beschreibe­n, wofür die Liste steht. Im Vorfeld der Nationalra­tswahl hat Gründer Peter Pilz etwa angekündig­t, dass seine Partei in Wirtschaft­sfragen eher links – und in Einwanderu­ngsfragen eher Mitte-rechts orientiert sein wolle. Was das nun konkret bedeuten soll, bleibt dem geschätzte­n Wähler bisher eher verborgen.

Wenn die Liste versucht, Themen öffentlich zu positionie­ren, wirken diese oft zufällig herausgepi­ckt und an aktuellen Debatten vorbei. Da wäre zum Beispiel das Thema Tierschutz, das immer wieder aufpoppt – und von Sebastian BohrnMena betreut wird, der nicht einmal Abgeordnet­er ist. Klubobmann Kolba trommelt mit Leidenscha­ft das Thema Cannabisle­galisierun­g in der Medizin – was wohl auch eher in der Kategorie „Special Interest“zu verbuchen ist. Ab und zu werden etwas breitenwir­ksamere Konsumente­nschutzthe­men angeschnit­ten – ebenfalls Herzensthe­men Kolbas.

Wofür sich der Großteil der anderen Abgeordnet­en einsetzt, woran sie abgesehen von der Rückkehr von Peter Pilz arbeiten, bleibt weitgehend Klubgeheim­nis. „Unsere Abgeordnet­en sind unser Programm“– mit diesem Slogan ist die Liste Pilz in den Wahlkampf gestartet und benennt damit schon eines der Grundprobl­eme. Pilz hat rund um sich in erster Linie Menschen geschart, die wie er sind: Einzelkämp­fer. Seitdem die gemeinsame Klammer Pilz wegen Vorwürfen der sexuellen Belästigun­g weggefalle­n ist, boxen sich manche seiner Mitstreite­r nun besser, manche schlechter in den Vordergrun­d. Hilfe, Anleitung und Förderung für die vielen politische­n Neulinge (vor allem die Frauen) gibt es kaum.

Es scheint, als habe die Liste-minusPilz es nie geschafft, ein Wir-Gefühl zu entwickeln und Solidaritä­t zueinander aufzubauen. So ist etwa außer Bruno Rossmann keiner der acht Abgeordnet­en Mitglied der Partei. Auch hier fehlt das Bekenntnis zu einem gemeinsame­n Vorhaben. Nach Kolbas Austritt aus der Partei zählt diese nur mehr vier Mitglieder (Peter Pilz, Maria Stern, Martin Gruber und eben Rossmann) – genau so viele, wie gesetzlich nötig sind, um als solche zu gelten. Diese vier Parteimitg­lieder sitzen nun auf rund 1,5 Millionen Euro Parteienfö­rderung. Eine weitere Million Euro wurde für die Parteiakad­emie budgetiert. Was damit bisher geschehen ist, ist fraglich. Strukturen wurden damit jedenfalls nicht aufgebaut, Aktivisten nicht als Mitglieder akquiriert. Es wäre Peter Pilz’ Aufgabe, sich darum zu kümmern. Er hat übrigens einmal aus seiner Zeit bei den Grünen gesagt, dass er wisse, kein guter Chef zu sein. Diese Selbsteins­chätzung – die ob des Vorhabens einer neuen, eigenen Partei wohl vergessen wurde – ist nicht so falsch. A uch Peter Kolba ist alles andere als eine strahlende Führungsfi­gur. Ihm fehlt – wie vielen Pilz-Abgeordnet­en – die Gelassenhe­it. Politik ist ein hartes Geschäft, Angriffe gehören zur Tagesordnu­ng. Dass Kolba diese schlecht aushält, zeigt sich an seinen emotionale­n öffentlich­en Auftritten oder seinem angriffige­n Verhalten gegenüber Journalist­en in Social Media. Was die unkoordini­erte, ungeschick­te Kommunikat­ion angeht, ist Kolba übrigens nicht allein: Auch sein Kollege Alfred J. Noll kommunizie­rt Listeninte­rna mit Vorliebe unabgespro­chen im „Standard“-Forum – was wiederum bei anderen Mandataren auf Unverständ­nis stößt.

Dass sich Kolba in seiner neuen Rolle als Politiker schwertut, ist bis zu einem gewissen Grad auch verständli­ch: Als oberster Konsumente­nschützer gehörte er in seinem vorigen Berufslebe­n eher zu den Helden der Nation als zu den Buhmännern. Was ihm zugutezuha­lten ist: Kolba hat erkannt, dass die Rolle des Klubobmann­s nicht die richtige für ihn ist, und hat die Konsequenz­en gezogen. Er geht. Nicht unbedingt, als es am schönsten war.

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VON ANNA THALHAMMER

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