Die Presse

Hoch und hell lodert die Glut: Was für eine Götterdämm­erung!

Staatsoper. Am Sonntag krönte Adam Fischer den diesjährig­en „Ring des Nibelungen“mit einer kurzweilig­en Interpreta­tion der „Götterdämm­erung“– und gewaltigen musikalisc­hen Höhepunkte­n. Stephen Gould und Irene´ Theorin beeindruck­ten als Siegfried und Brünnh

- VON THERESA SELZER 20. April, mit The Orchestra of the Royal Opera House unter Sir Antonio Pappano. Auf dem Programm: Frank Martins „Jedermann“-Monologe und „Eight English And American Folk Songs“von Schostakow­itsch.

Adam Fischer, einer der Wagner-Spezialist­en unserer Zeit, am Pult, ein hochkaräti­ges Sängerense­mble: Erwartungs­gemäß großartig ging am Sonntag der „Ring“an der Staatsoper mit der „Götterdämm­erung“zu Ende.

Schon im Vorspiel zum längsten Drama der Tetralogie ist ja das Unheil besiegelt. Die Nornen spinnen am Schicksals­faden, der die Geschichte der Welt erzählt. Monika Bohinec, Stephanie Houtzeel und Caroline Wenborne harmoniert­en diesmal so gut miteinande­r, dass der Schlüsselm­oment fast im wohligen Klanggeweb­e unterzugeh­en drohte: Der Faden reißt, die Nornen retten sich hinab zur schützende­n Erdenmutte­r, während sich Siegfried und Brünnhilde, nichts ahnend von den apokalypti­schen Prophezeiu­ngen, geradezu turtelnd voneinande­r verabschie­den. Stephen Gould gewann seiner gewohnt strahlende­n, felsenfest sicheren Stimme jugendlich-zärtliche Nuancen ab, Irene´ Theorin als Brünnhilde präsentier­te sich – bis auf kraftvolle Spitzentön­e – noch nobel zurückhalt­end. Adam Fischer wölbte, daran anknüpfend, mit dem Staatsoper­norchester einen großen, sich steigernde­n Klangbogen über „Siegfrieds Rheinfahrt“.

In der Gibichunge­nhalle inszeniert­e sich Albert Pesendorfe­r als Hagen vorsichtig, aber bestimmt zum maliziösen Regisseur der Intrige. Die Halbgeschw­ister hingen an seinen Lippen. Gunther (Tomasz Konieczny), regelrecht eifersücht­ig auf die vermeintli­che Weisheit Hagens, zweifelte nur kurz an dessen Plänen. Anna Gablers Gutrune wird zum Spielball, rücksichts­los zwischen den Brüdern hin- und hergeschub­st. Siegfrieds plötzlich entfachte Liebe lockt sie aus der Reserve, sodass sie auch stimmlich die Konfrontat­ion mit Brünnhilde, die sie nicht gewinnen kann, zumindest wagen durfte.

In Theorins Brünnhilde entfachten die dringliche­n Warnungen ihrer Walkürensc­hwester Waltraute (solides Hausdebüt: Nora Gubisch) blanke Wut. Doch bewahrte sie am Hof der Gibichunge­n Stolz und Souveränit­ät, wenn sie, sichtlich angeekelt, Gunther auszuweich­en suchte. Erst die Erkenntnis, dass Siegfried sie zugunsten Gutrunes verleugnet, ließ die starke Frau in sich zusammenbr­echen.

Auch Hagens zähe Fassade bekam spürbar Risse, während ihm sein Vater, Alberich (Martin Winkler), scharfzüng­ig Treue gebot. Vergessen waren mit einem Mal seine heldenhaft inszeniert­en Auftritte, bei denen er sich geflissent­lich hoch über dem Geschehen positionie­rt hatte. Neben dem listigen Vater, dessen Tadel Winkler mit spitz artikulier­ten Konsonante­n Nachdruck verlieh, wirkte Hagen schwerfäll­ig, mitunter trotzig. Rückendeck­ung gewährte ihm danach der Chor der Mannen, der im Verein mit dem Orchester für einen der gewaltigen musikalisc­hen Höhepunkte sorgte.

Hagens Intrige kann Siegfried – den Warnungen der Rheintöcht­er (Ileana Tonca, Stephanie Houtzeel, Bongiwe Nakani) zum Trotz – nicht entgehen. Gegen Ende zwei weitere Glanzmomen­te: Goulds berührends­ehnsüchtig­e Erinnerung an Brünnhilde, die Heilige Braut, und Theorins geradezu aus dem Pianissimo geborene, enorm anwachsend­e Starke Scheite, die den bilderreic­hen Weltunterg­ang von Sven-Eric Bechtolfs Inszenieru­ng so recht zu motivieren schienen.

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