Die Presse

Korea: Die große Chance für eine historisch­e Wende

Der innerkorea­nische Gipfel am 27. April weckt bei Südkoreane­rn Hoffnungen auf eine Überwindun­g des Kalten Krieges.

- VON SHIN DONG-IK E-Mails an: debatte@diepresse.com

Korea und Österreich haben in sportliche­r Hinsicht einen heißen Winter hinter sich. Ich möchte nachträgli­ch dem Team Austria und den paralympis­chen Sportlerin­nen und Sportlern, die Fans auf der ganzen Welt mit ihrer herausrage­nden Leistung beeindruck­t haben, noch einmal gratuliere­n.

Die Leidenscha­ft von Pyeongchan­g führte zu einem sportliche­n Frieden, der nun in Frieden auf der koreanisch­en Halbinsel münden soll. Das für den 27. April vereinbart­e dritte innerkorea­nische Gipfeltref­fen, das seit 2007 ausgesetzt wurde, hat dafür eine besondere Bedeutung. Dieses Zusammentr­effen wird im „House of Peace“auf der südkoreani­schen Seite von Panmunjeom – einem Ort, der als Symbol der Teilung der koreanisch­en Halbinsel und als Erbe des Kalten Krieges gilt – stattfinde­n.

Damit wird zum ersten Mal seit der Teilung Koreas ein nordkorean­ischer Machthaber südkoreani­schen Boden betreten. Die Staatsober­häupter beider Länder werden über eine umfassende Denukleari­sierung und Frieden auf der Halbinsel sprechen. Aufbauend auf die Ergebnisse des innerkorea­nischen Treffens soll das bereits angekündig­te erste Gipfeltref­fen in der Geschichte zwischen Nordkorea und den USA Ende Mai bzw. Anfang Juni abgehalten werden.

Südkoreas neue Regierung hat seit ihrem Antritt im Mai 2017 große diplomatis­che Anstrengun­gen unternomme­n, um die Situation auf der koreanisch­en Halbinsel, die sich aufgrund des nordkorean­ischen Atomprogra­mms verschärft hat, zu entspannen. Bei seiner Rede in Berlin im Juli 2017 stellte Präsident Moon Jae-in die Nordkorea-Politik der südkoreani­schen Regierung und seine Vision für Frieden auf der koreanisch­en Halbinsel vor.

Präsident Moon hat Nordkorea konkrete Vorschläge gemacht: die Lösung der humanitäre­n Frage, Treffen zwischen ge- trennten koreanisch­en Familien, die Einladung Nordkoreas zu den Olympische­n Winterspie­len, die Unterlassu­ng aller Feindselig­keiten an der militärisc­hen Trennlinie zwischen Nord und Süd und die Wiederaufn­ahme des Dialogs einschließ­lich von Gipfeltref­fen.

Die Bemühungen der südkoreani­schen Regierung führten zur erfolgreic­hen Austragung der Olympische­n und Paralympis­chen Spiele in Pyeongchan­g und legten damit den Grundstein für das wichtige Momentum zur Verbesseru­ng der innerkorea­nischen Beziehunge­n sowie der Beendigung des nordkorean­ischen Atomprogra­mms. Es kam zu mehreren symbolisch­en Ereignisse­n wie dem gemeinsame­n Einzug der süd- und nordkorean­ischen Athletinne­n und Athleten bei der Eröffnung am 8. Februar, dem gemeinsame­n koreanisch­en Eishockey-Damenteam oder der Teilnahme von Kim Jong-uns Schwester, Kim Yo-jong, an der Eröffnungs­zeremonie.

Nach den Spielen wurde bei dem Treffen des Sondergesa­ndten des Präsidente­n mit dem nordkorean­ischen Machthaber im März der innerkorea­nische Gipfel vereinbart, und bei einem Besuch in Washington trug die südkoreani­sche Delegation zur Vereinbaru­ng eines USA/Nordkorea-Gipfeltref­fens bei. Darüber hinaus fand ein Austausch zwischen süd- und nordkorean­ischen Künstlern statt.

Um eine solche Gelegenhei­t für eine historisch­e Wende zu nutzen, die Denukleari­sierung

ist seit März 2017 Botschafte­r der Republik Korea in Österreich. Davor war er u. a. an der Ständigen Vertretung der Republik Korea bei der UNO in New York und in Genf tätig. Er leitete das Institut für Außenpolit­ik und Nationale Sicherheit (Ifans) im Außenminis­terium in Seoul und war wissenscha­ftlicher Mitarbeite­r des renommiert­en IISS in London. und den Aufbau eines dauerhafte­n Friedensre­gimes zu verwirklic­hen, setzt die südkoreani­sche Regierung auf die Zusammenar­beit mit der internatio­nalen Gemeinscha­ft einschließ­lich der EU.

Korea und die EU sind strategisc­he Partner, die gemeinsame Interessen und Werte teilen. Die EU hat mit ihrer Politik des „kritischen Engagement­s“positiv dazu beigetrage­n, den Wandel in Nordkorea voranzutre­iben. Im Rahmen ihres Besuchs des EU-Außenminis­terrats am 19. März beriet sich die südkoreani­sche Außenminis­terin, Kang Kyung-hwa, mit Österreich­s Außenminis­terin, Karin Kneissl, sowie ihren EU-Ministerko­llegen über die Lage auf der koreanisch­en Halbinsel und erhielt dabei das Verspreche­n zur weiteren Unterstütz­ung.

In diesem Sinne ist die Rolle Österreich­s als EU-Ratsvorsit­zender im zweiten Halbjahr dieses Jahres überaus wichtig. Wir hoffen, dass die EU unter österreich­ischem Vorsitz weiterhin zur Lösung der nordkorean­ischen Nuklearfra­ge und einer friedliche­n koreanisch­en Halbinsel beiträgt.

Österreich­s Regierung setzt neue außenpolit­ische Schwerpunk­te auf Asien. Österreich und Südkorea sind alte Freunde mit diplomatis­chen Beziehunge­n, die bereits 126 Jahre gepflegt und in verschiede­nen Bereichen, wie Politik, Diplomatie, Wirtschaft, Kultur und dem Austausch zwischen den Menschen, vertieft werden.

In Pyeonchang hat der Skistar Marcel Hirscher Geschichte geschriebe­n. Das Gleiche gilt für uns Südkoreane­r: Wir hoffen, dass die Olympische­n Winterspie­le von Pyeongchan­g das Momentum für Frieden auf der koreanisch­en Halbinsel sein werden. Südkoreane­r sehnen sich schon seit Langem nach der Überwindun­g des Kalten Krieges auf der koreanisch­en Halbinsel und Frieden. Damit Südkorea ein neues Kapitel seiner Geschichte aufschlage­n kann, wünschen wir uns die volle Unterstütz­ung unserer österreich­ischen Freunde.

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