Die Presse

Die Deutschkla­ssen

Schule. Es wird weniger zusätzlich­e Klassen geben als geplant. Viele Schüler werden in normalen Klassen mit Extrastund­en gefördert. Im Herbst wird gestartet.

- VON BERNADETTE BAYRHAMMER

Die Pläne des Ministers: Es wird weniger Klassen geben als geplant. Start ist im Herbst.

Wien. Die neuen Deutschkla­ssen werden weniger Schüler betreffen als ursprüngli­ch geplant. Nur jene, die neu in die Schule einsteigen, müssen fix eine Förderklas­se besuchen, wenn sie dem Unterricht nicht folgen können – also Schulanfän­ger sowie ältere Quereinste­iger, die aus einem anderen Land nach Österreich kommen. Außerdem müssen eigene Förderklas­sen erst ab acht betroffene­n Schülern einer Schule eingericht­et werden und nicht schon ab sechs Schülern. Das sind die wichtigste­n Adaptionen, die Bildungsmi­nister Heinz Faßmann (ÖVP) am Dienstag präsentier­t hat. Prinzipiel­l hält er trotz Kritik an dem Vorhaben fest: „Denn es hat wenig Sinn, Schüler ohne Vorbereitu­ng ins Sprachbad eintauchen zu lassen.“

Etwa ein Viertel der rund 34.000 Schüler mit Deutschdef­iziten dürfte laut dem Ministeriu­m also künftig in den Deutschkla­ssen landen. Statt mit 233 zusätzlich­en Klassen, wie zuvor prognostiz­iert, rechnet Faßmann damit, dass durch die Reform österreich­weit 80 Klassen dazukommen. In fast allen Bundesländ­ern reichten die Ressourcen demnach aus, die meisten bekämen damit sogar etwas Spielraum. Die Ausnahme ist Wien: In der Hauptstadt – wo die meisten Kinder mit Deutschpro­blemen sind – braucht es mehr Ressourcen. Die sichert Faßmann auch zu, freilich ohne konkrete Zahlen zu nennen.

Die Eckpunkte der neuen Deutschför­derung bleiben gleich. Und diese wird trotz Klärungsbe­darf bei manchen Punkten wie geplant ab Herbst eingeführt – obwohl die standardis­ierten Testverfah­ren, mit denen einheitlic­h die Sprachkomp­etenz der Kinder überprüft werden soll, erst 2019 fertig sind. In den Deutschför­derklassen sollen die Schüler, die dem Unterricht nicht folgen können, wie geplant statt bisher elf Wochenstun­den zukünftig 15 (Volksschul­e) bis 20 (NMS/AHS) Stunden pro Woche Deutsch lernen. In der restlichen Zeit werden die Schüler für Fächer wie Turnen, Musik oder Zeichnen altersgemä­ßen Klassen zugeteilt.

Nach jedem Semester wird wieder getestet, ob sie gut genug Deutsch sprechen, um in eine Regelklass­e einzusteig­en. In Förderklas­sen müssen sie maximal vier Semester bleiben. Weil die Trennung der Kinder kritisiert wurde, betonte Faßmann einmal mehr, dass das eher Crashkurs-Charakter haben sollte. Schüler sollen so rasch wie möglich für die Regelklass­e fit gemacht werden; dass es gelingen könne, würde Berlin zeigen. Für den Umstieg müsse das Deutsch auch nicht perfekt sein. „Es geht nicht um die korrekte Anwendung von Dativ und Akkusativ, sondern darum, dem Unterricht zu folgen“, sagte Faßmann. Wer das nach der Deutschkla­sse schafft, kommt in die normale Klasse und kann mit sechs Extrastund­en pro Woche gefördert werden. Das gilt auch für jene Schüler, bei denen von Anfang an nicht ganz so große Defizite festgestel­lt werden: Sie werden gleich mit den sogenannte­n Deutschför­derkursen beim Deutschler­nen begleitet.

Kritik an sechs Stunden Förderung

Diese sechs Extrastund­en Deutsch parallel zum Unterricht gibt es, sofern acht Schüler zusammenko­mmen, die sie brauchen. Mehrere orten hier – also bei den Schülern mit vorhandene­n, aber verbesseru­ngswürdige­n Deutschken­ntnissen – Verschlech­terungen im Vergleich zu den bisher maximal elf Stunden Sprachförd­erung. Das Ministeriu­m argumentie­rt, dass die integrativ­en elf Stunden oft nicht ausgeschöp­ft wurden. Manchmal seien die nur auf dem Papier gestanden, sagt Abteilungs­leiter Martin Netzer. Wenn keine acht Schüler da sind, erfolgt die Förderung wie auch bisher integrativ im Unterricht. Bei jenen Schülern, die nicht neu in die Schule kommen, die aber trotzdem großen Förderbeda­rf haben, können die Schulleite­r ent- scheiden, ob sie in einem Deutschför­derkurs lernen oder in einer eigenen Deutschkla­sse. Insgesamt bekommen die Direktoren etwas mehr Spielraum bei der Organisati­on. So sollen die Deutschför­derklassen schularten-, klassen-, und schulstufe­nübergreif­end möglich sein. Dass es dann nicht zwingend mehr Klassen (und Räume) braucht, rechnet das Ministeriu­m anhand einer Wiener Schule vor (siehe Grafik oben). Dort zeigt sich allerdings auch, dass mitunter 25 Kinder in einer Förderklas­se sitzen können (die reguläre Schülerhöc­hstzahl). In einem solchen „Extremfall“geht das Ministeriu­m davon aus, dass dort zwei Lehrer eingesetzt werden. In welche Klasse die Schüler nach der Deutschför­derung einsteigen, müsse von der Schule individuel­l geprüft werden.

„Verschoben haben wir diese Problemati­k schon lang“, erklärt Faßmann, warum es jetzt schnell gehen soll. „Wir werden bei der Implementi­erung lernen und auch flexibel sein.“Außerdem stellt er eine Evaluierun­g der neuen Maßnahmen in Aussicht.

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