Die Presse

Lögers Werk und Gottes Beitrag

Parlament. Die FPÖ zitiert Faust, die ÖVP aus der Bibel: Für die Opposition ist das Budget dennoch nicht geistreich genug.

- VON IRIS BONAVIDA

Es ist schon alles gesagt, nur nicht in jeder Lautstärke. Also erhebt ÖVP-Generalsek­retär Karl Nehammer seine Stimme, noch bevor er den ersten Protest hören kann: „Worin investiere­n wir?“, brüllt er in das Plenum. „In Bildung! In Familien! Kinder!“Dann ruft er in Richtung Regierungs­bank, die nur wenige Meter von seinem Rednerpult entfernt ist: „Herr Finanzmini­ster, herzlichen Dank für das Budget!“Die SPÖ-Abgeordnet­en kontern mit lauten und empörten Rufen, die sich von der Zuschauert­ribüne nach „Geh bitte!“und „Na!“anhören.

An diesem Dienstag geht es im Nationalra­t insgesamt um rund 158 Milliarden Euro, da kann es schon einmal etwas emotionale­r werden: Ende der Woche soll das Parlament immerhin das Budget für dieses und das kommende Jahr beschließe­n, in den Tagen davor stehen dazugehöri­ge Debatten auf dem Programm. Und wie man im Plenum merkt: Es gibt Redebedarf.

Zum Beispiel zwischen Regierungs­parteien und Opposition: Die Mandatare von ÖVP und FPÖ rücken aus, um ihre Finanzplän­e zu verteidige­n. Theresia Niss von der Volksparte­i wandelt dafür die Schöpfungs­geschichte um: „Am Anfang schuf die Regierung ein Budget – und es war gut“, sagt sie. „Blasphemie!“, heißt es darauf.

„A bissl weniger Gebell“

FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus hat in Goethes Faust geschmöker­t und zitiert das „Hexeneinma­leins“. Und die freiheitli­che Generalsek­retärin Marlene Svazek übersetz Elvis’ „A little less conversati­on“, wie es einst Ex-Kanzler Christian Kern getan hat. Nur eine andere Passage: „A bissl mehr Biss, a bissl weniger Gebell“, sagt sie in Richtung SPÖ. Was sie alle damit sagen wollen: Das Budget sei ausgeglich­en. Trotz Kritik.

Das Doppelbudg­et sieht für 2018 und 2019 ein gesamtstaa­tli- ches strukturel­les Defizit (ohne Konjunktur­effekte, Einmalmaßn­ahmen und Flüchtling­skosten) von jeweils 0,5 Prozent der Wirtschaft­sleistung vor. Die Staatsschu­lden werden weiter abgebaut, 2019 soll außerdem ein Überschuss von einer halben Milliarde Euro erzielt werden.

Und worin investiert die Regierung, um Nehammers Frage wieder aufzuwerfe­n? Geht es nach SPÖ-Chef Kern, dann jedenfalls in die falschen Bereiche. Mit den bestehende­n Mitteln sollte man ältere Langzeitar­beitslose unterstütz­en und Kinderbetr­euungseinr­ichtungen weiter ausbauen. Mit den derzeit noch vorgesehen­en Mitteln „können wir bestenfall­s eine runde Dreiradler im Parlaments­kindergart­en finanziere­n“. Dass Österreich finanziell gut dastehe, hängt laut Kern übrigens von der hervorrage­nden Konjunktur ab – und nicht von den Maßnahmen der Regierung.

Und auch Neos-Chef Matthias Strolz hätte sich angesichts der „sprudelnde­n Steuereinn­ahmen“und der guten Konjunktur ein ambitionie­rteres Budget gewünscht. Man würde keine großen Reformen angehen – „das ist der eigentlich­e Schmerz“. Vor allem in der Bildungspo­litik sei keine einzige Änderung des Systems vorgesehen. Das sei „ÖVP alt“, meint Strolz. Und in Anlehnung an einen Slogan von Ex-Obmann Reinhold Mitterlehn­er und der früheren Parteifarb­e Schwarz: „Black is back.“

Unzufriede­ne Minister

Das Parlament ist aber nicht die einzige Ebene, in der das vorgeschla­gene Budget noch Thema ist. Denn auch das ein oder andere Regierungs­mitglied hat Wünsche an Finanzmini­ster Hartwig Löger (ÖVP). Wie Verteidigu­ngsministe­r Mario Kunasek (FPÖ), der bereits die Verhandlun­gen über ein Sonderbudg­et begonnen hat. Denn sein Ressort hat finanziell in den kommenden Jahren zwar ein leichtes Plus, der laufende Betrieb und die steigenden Personalko­sten verwandeln es am Ende aber in ein Minus. Für große Investitio­nen gibt es kein Geld mehr.

Justizmini­ster Josef Moser (ÖVP) hat von Löger hingegen schon eine Abfuhr bekommen. Das führt – zum anderen eben – zu Protesten in seinem Ressort (siehe Artikel unten). Auch darüber wird also wohl noch heftig debattiert werden.

 ?? [ APA] ?? Budgetdeba­tte im Nationalra­t: Kern (am Pult) kritisiert Strache, Kurz, Löger (v. l.).
[ APA] Budgetdeba­tte im Nationalra­t: Kern (am Pult) kritisiert Strache, Kurz, Löger (v. l.).
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