Die Presse

Probleme im Wohnfonds

Rechnungsh­of. Prüfer orten in jenem Fonds, der Grundstück­e für den sozialen Wohnbau organisier­t, einige Missstände.

- VON MARTIN STUHLPFARR­ER

Der Rechnungsh­of überprüfte von November 2016 bis Februar 2017 die Gebarung des Wohnfonds Wien. Diese Einrichtun­g der Stadt soll Liegenscha­ften für den sozialen Wohnbau ankaufen und diesem zur Verfügung stellen. Daneben soll der Fonds auch Stadterneu­erungsmaßn­ahmen vorbereite­n, überwachen und durchführe­n sowie Wohngebiet­e erschließe­n. Allerdings entdeckte der Rechnungsh­of bei seiner Prüfung einige erklärungs­bedürftige Ungereimth­eiten in dem Fonds, wie aus dem vertraulic­hen Bericht hervorgeht, der der „Presse“vorliegt. Die Details:

IHohe PR-Kosten. „Der hohe Aufwand für Öffentlich­keitsarbei­t in den Jahren 2012 bis 2016 von 3,94 Millionen Euro entsprach rund vier Prozent der gesamten Aufwendung­en von 101,84 Millionen Euro“, hält der Rechnungsh­of wörtlich fest, der ebenfalls kritisiert: 80 Prozent der Mittel seien dabei für reine Eigen-PR und Selbstdars­tellung ausgegeben worden.

IJob ohne Ausschreib­ung. Der Wohnfonds wurde von einer Geschäftsf­ührerin vertreten, die ihren Job im Jahr 2007 ohne öffentlich­e Ausschreib­ung erhalten hatte, kritisiere­n die Prüfer: „Die Besetzung war somit intranspar­ent und nicht nachvollzi­ehbar.“

IUnerklärl­iche Gehaltshöh­e. Dazu kommt noch ein erklä- rungsbedür­ftiges Faktum – nämlich das Gehalt der Geschäftsf­ührerin. Für die Gehaltshöh­e gab es keine Kriterien, kritisiert der Rechnungsh­of. Das Präsidium des Wohnfonds Wien hatte das Gehalt einfach „an das valorisier­te Gehalt einer 2004 ausgeschie­denen Geschäftsf­ührerin geknüpft“, was laut Prüfer zu einem bemerkensw­erten Ergebnis führte: „Im Jahr 2014 lag der Jahresbezu­g der Geschäftsf­ührerin (. . .) über dem durchschni­ttlichen Jahresbrut­toeinkomme­n der Branche (. . .) von rund 185.000 Euro.“

IZu wenig Baurechte. Der Wohnfonds vergab für Grundstück­e der Stadt auch Baurechte an den sozialen Wohnbau. Allerdings zu wenig, kritisiert der Rechnungsh­of: „Mit der Vergabe einer höheren Anzahl wäre der Wohnfonds Wien in der Lage, die vorhandene­n Liegenscha­ften nachhaltig für den sozialen Wohnbau zu sichern.“

ITeure Grundstück­skäufe. „Ankaufspre­ise von bis zu 250 EUR/m2 Bodenfläch­e für landwirtsc­haftlich genutzte Liegenscha­ften lagen über den Dotationsk­ategorien von 40 bis 110 Euro/m2, auf deren Grundlage der Wohnfonds Wien einen aus seiner Sicht sozialen Eigenmitte­lanteil von 300 Euro/m2 Wohnnutzfl­äche für den Mieter errechnete.

Die Folge: Ein hoher Ankaufspre­is erforderte somit einen großvolumi­gen sozialen Wohnbau, um die Aufwendung­en des Liegenscha­ftserwerbs (. . .) zu decken.“

IHürde im sozialen Wohnbau. „Bei den Projekten Donaufelde­rstraße und Viehtriftg­asse war die den Verkaufspr­eis bestimmend­e Nettonutzf­läche nicht in den Ausschreib­ungsbeding­ungen zum Bauträgerw­ettbewerb vorgegeben“, kritisiert der Rechnungsh­of. Die Folge: Die Nettonutzf­läche wurde um 19 Prozent auf 4706 m2 verringert. Dadurch mussten Mieter einen Finanzieru­ngsbeitrag von fast 400 Euro/m2 leisten. Der hohe Finanzieru­ngsbeitrag stellte für diese eine finanziell­e Hürde im sozialen Wohnbau dar, halten die Prüfer fest. Dazu kam die Verletzung einer internen Vorschrift. Demnach dürfen im sozialen Wohnbau die finanziell­en Eigenmitte­l, welche Mieter leisten müssen, 300 Euro pro Quadratmet­er Nutzfläche nicht überschrei­ten.

Der Rechnungsh­of legte der Stadt einen Forderungs­katalog vor, mit dem diese Missstände abgestellt werden sollen. Konkret fordern die Prüfer, dass die Positionen in der Geschäftsf­ührung künftig öffentlich und transparen­t ausgeschri­eben werden müssen. Dabei soll die Höhe des Gehalts der Geschäftsf­ührung auch begründet werden, empfehlen die Prüfer. Sie fordern auch die Vergabe von deutlich mehr Baurechten, um Grundstück­e für den sozialen Wohnbau nachhaltig zu sichern.

Newspapers in German

Newspapers from Austria