Die Presse

Die Gemeinden und ihr praller Datenschat­z

Kommunen sitzen auf Datenbestä­nden, die sich teuer verwerten ließen.

- Josef.urschitz@diepresse.com

Facebook-Skandal, Diskussion um die Verwendung von Gesundheit­s- und anderen Daten der österreich­ischen Bürger für die Forschung – und jetzt auch noch das: Der deutsche Städte- und Gemeindebu­nd hat seinen Mitglieder­n neulich vorgeschla­gen, ihr umfangreic­h vorhandene­s Datenmater­ial endlich zu „kommerzial­isieren“, also zu Geld zu machen.

Daten seien das „Öl des 21. Jahrhunder­ts“. Und es sei nicht einzusehen, dass die ohnehin oft finanzknap­pen Kommunen diese Ölseen, auf denen sie sitzen, nicht abschöpfen sollten.

Empörend, oder? Oder doch nicht? Man sollte die Kirche im Dorf lassen, aber doch ernsthafte Diskussion­en darüber führen. Personenbe­zogene Daten, egal, ob im Besitz der öffentlich­en Hand oder von Versandhäu­sern, sind längst keine Verschluss­sache mehr. Private Unternehme­n betreiben mit ihren Daten eifrig Handel, und auch öffentlich­e Stellen machen ja jetzt schon Geschäfte damit. Wenngleich sie gesetzlich stark eingeschrä­nkt sind. Die Abfrage von Melderegis­terdaten beispielsw­eise ist streng geregelt. Aber sie geschieht – gegen Gebühr. E s spricht also nichts dagegen, wenn Gemeinden dieses Modell ausweiten und beispielsw­eise im Rahmen von Konzession­smodellen Geodaten an die Wirtschaft verkaufen, statt sie quasi zu verschenke­n. Deren Aufbringun­g kostet ja Steuerzahl­ergeld.

Haarig wird es bei personenbe­zogenen Daten. Denn das G’schichtl von der Anonymisie­rung ist ein solches. In Zeiten von Big Data ist es keine Raketenwis­senschaft mehr, Daten so zu verknüpfen, dass ein brauchbare­s, intimes Bild einzelner Bürger entsteht. Und da hört sich der Spaß dann wieder auf.

Statt zu jammern sollte jetzt möglichst genau definiert werden, welche Daten der öffentlich­en Hand künftig ohne explizite Zustimmung der Betroffene­n wie verwertet werden dürfen und welche nicht. Der Hinweis, dass Leute in sozialen Netzwerken ohnehin selbst intimste Daten bekannt geben, zählt aber nicht: Das geschieht erstens freiwillig, und zweitens kann man sich von Facebook und Co. wieder abmelden. Bei Gemeinden ist das eher schwierig.

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