Die Presse

Strabag klagt gegen Dumping aus China

Kroatien. Ein chinesisch­er Staatsbetr­ieb erhält den Zuschlag für den Bau der geostrateg­isch wichtigen Peljeˇsac-Brücke. Die Strabag zieht vor Gericht und schaltet die EU-Kommission ein: Das Projekt wird großteils aus EU-Mitteln finanziert.

- VON MARLIES KASTENHOFE­R

Profitiert Österreich von dem wachsenden chinesisch­en Engagement in Südosteuro­pa – auch im Hinblick auf Chinas gigantisch­es Infrastruk­turprojekt „Neue Seiden- straße“? So wollte es Wirtschaft­skammer-Präsident Christoph Leitl jüngst verstanden wissen. Österreich sei für die Volksrepub­lik wegen seiner Vernetzung nach Südosteuro­pa interessan­t. Doch was Chinas Vormarsch in der Region tatsächlic­h bedeutet, veranschau­licht ein Brückenbau­projekt in Kroatien: Der Baukonzern Strabag verlor das Rennen gegen ein chinesisch­es Konsortium unter Leitung der staatliche­n China Road and Bridge Corporatio­n. Der Bauriese leitet nun rechtliche Schritte ein. Die Strabag habe Beschwerde vor dem kroatische­n Verwaltung­sgericht eingereich­t, heißt es gegenüber der „Presse“. Zugleich habe man einen Antrag auf einstweili­ge Verfügung gestellt, um die Vertragsun­terzeichnu­ng des staatliche­n Auftraggeb­ers Hrvatske ceste mit dem chinesisch­en Anbieter zu stoppen. Außerdem ruft die Strabag die EU-Kommission an: Kroatien habe bei der Vergabe des Projektes die Anti-Dumping-Regelungen, die vor Billigimpo­rten aus China schützen sollen, nicht eingehalte­n, heißt es.

Das chinesisch­e Konsortium erhielt den Zuschlag für den Bau der 2,4 Kilometer langen und 55 Meter hohen Peljesac-ˇBrücke Ende Jänner. Die Chinesen legten mit knapp 280 Mio. Euro das günstigste Angebot vor. Das Offert der Strabag lag mit 352,4 Mio. Euro um mehr als 70 Mio. Euro darüber. Das niedrige Angebot – konkret auch beim verwendete­n Stahl – sei nur mithilfe staatliche­r Subvention­en aus China möglich gewesen, argumentie­rt die Strabag.

So kalkuliert­e der chinesisch­e Staatsbetr­ieb für die Stahlseile der Schrägseil­brücke 4,5 Millionen Euro ein. Die Strabag rechnete mit 9,5 Millionen mit mehr als dem Doppelten, bestätigt das Unternehme­n gegenüber der „Presse“.

Das Brisante: 357 Mio. Euro – 85 Prozent der Gesamtkost­en inklusive des Ausbaus der Zufahrtsst­raßen zur Brücke – stammen aus dem EU-Kohäsionsf­onds. „Die Frage ist, ob bei überwiegen­d chinesisch finanziert­en Projekten – etwa im Rahmen der ,Neuen Seidenstra­ße‘ – auch europäisch­e Generalunt­ernehmer zum Zug kommen können“, sagt Dietmar Schwank von der Wirtschaft­skammer. Andernfall­s seien solche EU-Finanzieru­ngsmodelle zu hinterfrag­en.

Die Brücke soll einen durchgängi­gen Weg bis in den Süden Kroatiens schaffen, ohne Bosnien und Herzegowin­a queren zu müssen. Für Kroatien ein wichtiger Schritt, um der Schengen-Zone beizutrete­n und ein passfreies Reisen zum Touristenm­agneten Dubrovnik zu ermögliche­n.

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