Sammelklage gegen Facebook wegen Gesichtserkennung
Datenschutz. Ein US-Richter ließ eine Klage wegen einer Software des sozialen Netzwerks zu, die Fotos Namensvorschläge zuordnet.
Menlo Park. Mark Zuckerberg hat die größte Krise in der Firmengeschichte von Facebook noch längst nicht überstanden. Wegen eines Datenskandals musste er sich nicht nur dem US-Kongress stellen, auch die EU-Kommission will den Facebook-Gründer persönlich sehen. Und das ist nicht die einzige Baustelle, wegen der sich Facebook verantworten muss: Ein US-Richter stimmte nun einer Sammelklage gegen das Netzwerk zu.
Durch den Einsatz einer Gesichtserkennungssoftware fühlen sich Nutzer in ihrer Privatsphäre verletzt. Fotos, die Nutzer hochladen, werden automatisch analysiert, um passende Namensvorschläge zu liefern. Die Kläger in den USA wenden ein, dass die Gesichtserkennung ohne ihr Einverständnis eingesetzt werde. Dies verstoße gegen ein Gesetz des US-Bundesstaats Illinois zum Schutz privater biometrischer Daten. In der EU wurde diese Funktion bereits 2012 aus Datenschutzgründen abgeschaltet.
US-Bundesrichter James Donato erklärte die Argumentation von drei Klägern aus Illinois für stichhaltig genug, um eine Sammelklage gegen Facebook zuzulassen. Eine Facebook-Sprecherin kündigte als Reaktion auf die Entscheidung des Gerichts eine „energische Verteidigung“der Interessen ihres Konzerns an. Facebook sei weiterhin der Ansicht, dass die Klage ohne Grundlage sei: Die Nutzer hätten nämlich die Möglichkeit, die Funktion zu deaktivieren. Beim US-Konzern argumentiert man, dass damit das Recht der Nutzer auf Privatsphäre hinreichend gewahrt werde.
Die Klage trifft Facebook allerdings zu einem heiklen Zeitpunkt: Bekanntlich steht der Konzern ohnehin schon wegen seines Umgangs mit Nutzerdaten unter großem Druck. Die Daten von bis zu 87 Millionen Nutzern des sozialen Netzwerks waren bei der britischen Firma Cambridge Analytica gelandet und sollen unerlaubt für den Wahlkampf des heutigen US-Präsidenten, Donald Trump, ausgeschlachtet worden sein.
Daten von Nichtnutzern gesammelt
Das überschattet nun auch die Argumentation, mit der sich das Unternehmen gegen die neuen Vorwürfe in Sachen Gesichtserkennung wehrt – zumal es täglich neue Erkenntnisse in Sachen Cambridge Analytica gibt. So wie Brittany Kaiser, eine ehemalige Mitarbeiterin des Unternehmens nun vor dem britischen Parlament aussagte, dass es noch andere Quiz-Apps gab, mit denen sich Cambridge-Analytica Zugang zu Daten verschaffte. Darunter auch die App „Sexkompass“. Dieses Quiz soll weit mehr Daten gebracht haben, als der Stein des Anstoßes „thisisyourdigitallife“.
Zu allem Überfluss musste Facebook nun auch erklären, wie sogenannte Schattenprofile zustande kommen, und damit erstmals einräumen, Daten von Nicht-Facebook-Nutzern ebenfalls gesammelt zu haben. „Wenn man eine Webseite oder eine App besucht, die unsere Dienste nutzt, erhalten wir auch dann Informationen, wenn man nicht eingeloggt ist oder kein Facebook-Konto hat“, sagte Facebook-Manager David Baser.
Baser führte aus, dass viele Firmen auf die Facebooks Dienste zurückgreifen, um zielgerichtete Werbung zu platzieren. Manche Webseiten und Apps verlangen demnach auch, dass sich Nutzer zunächst über ihren Facebook-Account einloggen. Der Facebook-Manager betonte freilich auch, dass auch die Konkurrenz, etwa Google oder Twitter, ähnlich mit dem Sammeln von Informationen umgingen. (APA/AFP/red.)