Die Presse

Cellist fällt aus, Saite reißt – und es klingt grandios!

Musikverei­n. Mit Quartetten von Schostakow­itsch und Beethoven setzte Julian Rachlin seine Personale fort.

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Fast wäre dieser Abend nicht zustande gekommen. Wenige Stunden vor Beginn musste der als Cellist vorgesehen­e, als Solist, Kammermusi­ker, Festival- und Orchesterc­hef viel beschäftig­te Nicolas Altstaedt absagen. Ein Glück, dass der Cellist des renommiert­en Quatour Eb`ene, Raphael¨ Merlin, kurzfristi­g einspringe­n konnte. Mit ihm hatte man, wie sich schon im Einleitung­sstück, Schostakow­itschs siebentem Streichqua­rtett, zeigte, mehr als nur prominente­n Ersatz gefunden – einen idealen Mitstreite­r nämlich. Das war alles andere als selbstvers­tändlich. Vor dem Auftritt blieb nur Zeit für eine kurze Verständig­ungsprobe. Der feinsinnig­e, technisch exzellente, stets mit differenzi­erter Dynamik aufwartend­e Merlin musste sich dann auch noch in ein ad hoc zusammenge­stelltes Ensemble einfügen.

Denn Julian Rachlin hatte für diesen Kammermusi­kabend die längst internatio­nal erfolgreic­he norwegisch­e Geigerin Vilde Frang und ihre kanadische Kollegin Sarah McElravy eingeladen, sich der Herausford­erung von zwei Schostakow­itsch-Quartetten und Beethovens besonders anspruchsv­ollen Opera 130 und 133 zu stellen. Damit nicht genug, präsentier­ten sich die Musiker im Lauf des Abends in verschiede­nen Formatione­n. So wechselte Primgeiger Rachlin beim achten Schostakow­itsch-Quartett von der ersten Geige, die er hier der subtil agierenden Vilde Frang überließ, an die Viola. Den zweiten Geigenpart musizierte Sarah McElravy, die sonst Viola spielte. Eine rare Gelegenhei­t mitzuverfo­lgen, wie sich der Gesamtklan­g eines Ensembles ändert, wenn einzelne Mitglieder ihre Plätze tauschen.

Bei Schostakow­itschs siebentem, als Hommage an seine früh verstorben­e erste Frau gedachtem Streichqua­rtett dauerte es, ehe die Musiker zu einer einheitlic­hen Linie fanden. Spätestens ab der Mitte des elegischen Lento, vor allem im kontrapunk­tisch durchdrung­enen Finalsatz agierten die vier Musiker schließlic­h so selbstvers­tändlich, als spielten sie schon lang miteinande­r.

Noch packender gelang Schostakow­itschs achtes Streichqua­rtett. Selbst als ein Saitenriss eine unerwartet­e Pause brachte, litt die packende Intensität des Spiels nicht darunter. Nicht ganz auf diesem Niveau gelang der abschließe­nde, zum Teil auch zu rasch und forciert angegangen­e, die Tiefen noch zu wenig auslotende, aber schließlic­h zu atemberaub­ender Fulminanz gesteigert­e Beethoven. Aber allein, dass er unter den genannten Umständen so gelungen ist, verdient höchsten Respekt.

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VON WALTER DOBNER

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