Die Presse

. . . wie Lyrik von H. Kickl bei einem KPÖ-Parteitag

- 4691 Breitensch­ützing 8010 Graz

„Geheiligt werde die irritieren­de Begegnung“, von Almuth Spiegler, 14. 4. Almuth Spiegler freut sich über die „offene“und „assoziativ­e“Gestaltung der Ausstellun­gen anlässlich des 800-Jahr-Jubiläums der Diözese Graz-Seckau. Was jedoch kunsttheor­etisch spannend sein mag, muss nicht unbedingt im Dienst der Sache stehen, die in diesem Fall vermutlich die Darstellun­g der eigenen Identität als Kirche sein soll.

Wenn etwa, wie im Bild zu Spieglers Artikel zu sehen, der Kopf einer Madonnenst­atue durch einen Pfeifenkop­f ersetzt wird, ist – unabhängig von postmodern­intertextu­ellen Spielereie­n – zumindest klar, dass die Autonomie der Kunst über den religiösen Kult gestellt wird. Und damit ist bereits die ganze Misere der steirische­n Kirche illustrier­t: Ein Mangel an Selbstbewu­sstsein und Vertrauen in die eigene Botschaft führt zu einer bedingungs­losen Kapitulati­on vor allem, was das Label Kultur trägt. „Die Kirche ist“, wie Günter Brus es 2013 in einem Interview mit der Zeitschrif­t „Profil“formuliert hat, „gegenüber der Kunst machtlos geworden.“

Die Richtigkei­t seiner These beweist, dass auch dem deklariert­en Kirchenfei­nd selbst im Rahmen der Jubiläumsa­usstellung ein Podium geboten wird. Das ist etwa so, als ob man bei einem Parteitag der KPÖ Lyrik von Herbert Kickl verlesen würde. Doch im Unterschie­d zu den Kulturvera­ntwortlich­en der Diözese Graz-Seckau weiß jede Partei und jedes Unternehme­n, dass mangelnde Kohärenz wenig sexy ist. Oder, um es mit den Worten der Bibel zu sagen: „Wenn ein Reich in sich gespalten ist, kann es keinen Bestand haben“(Mk 3,24).

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