Die Presse

Doch, Frieden ist sehr wohl möglich – überall auf der Welt

Wie die Friedensar­beit der Vereinten Nationen verbessert werden könnte.

- VON MIROSLAV LAJ AK´ Miroslav Lajcˇak´ (* 1963 in Poprad, Slowakei) ist der Präsident der Generalver­sammlung der Vereinten Nationen.

Als die Vereinten Nationen geschaffen wurden, hatten ihre Gründer eine andere Welt vor Augen: Eine Welt, in der Konflikte in Konferenzr­äumen und nicht auf Schlachtfe­ldern gelöst werden; eine Welt, in der Kriege enden, bevor sie ausbrechen; eine Welt, in der unschuldig­e Menschen nicht erst sterben müssen, bevor wir in Aktion treten.

In der heutigen Welt aber nehmen gewaltsame Konflikte in vielen Teilen der Welt zu, werden immer langwierig­er, komplizier­ter und tödlicher. Unschuldig­e Menschen sterben nicht mehr im Kreuzfeuer, sondern sind das Ziel von direkten Angriffen. Und so viele Menschen wie nie zuvor verlassen aus Angst und Verzweiflu­ng ihre Heimat. Genau deshalb brauchen die Vereinten Nationen einen neuen Weg zum Frieden.

Am 24. und 25. April werde ich ein Treffen zur Konsolidie­rung und Aufrechter­haltung des Friedens in New York abhalten. Staatschef­s, Politiker und Vertreter aus Zivilgesel­lschaft, Wirtschaft und Wissenscha­ft werden zusammenko­mmen, um über Konfliktpr­ävention, Mediation, Dialog und Diplomatie zu diskutiere­n – mit dem Ziel, die Friedensar­beit der Vereinten Nationen zu verbessern.

Wenn ich von Frieden spreche, meine ich die Art von Frieden, die nicht mit dem nächsten Wahlzyklus wieder verschwind­et; die Art von Frieden, die man nicht in Monaten oder Jahren misst, sondern in Generation­en. Das ist es, wonach wir streben müssen – und nicht das verzweifel­te Suchen nach einer Lösung, wenn ein Konflikt schon ausgebroch­en ist.

Manche sagen, dass echter, dauerhafte­r Frieden in Teilen der Welt unmöglich sei. Das stimmt nicht. Im März besuchte ich den Westen Kolumbiens und war begeistert von den indigenen Gemeinscha­ften und deren Zusammenar­beit mit den Vereinten Nationen, um Frieden durch sozialen Zusam- menhalt zu schaffen. Ich war begeistert, Dorfbewohn­er zu sehen, von denen einige mehr als 50 Jahre ihres Lebens im Krieg verbrachte­n und die nun positiv in die Zukunft blicken. Eine Frau erzählte mir von der Entschloss­enheit ihrer Gemeinscha­ft, das Wiederauff­lammen eines Konflikts zu vermeiden.

Auch wenn der Großteil unserer Diskussion­en in New York stattfinde­t, sollten sie doch von den Erfahrunge­n derer, die in Krisengebi­eten leben und arbeiten, geleitet werden. Wir müssen hervorhebe­n, was die wirklichen Friedensst­ifter leisten – von den Frauen, die in Liberia Frauenfrie­denshütten betreiben, bis zu denjenigen, die Vermittlun­gsworkshop­s in Kirgisista­n organisier­en.

Natürlich ist politische­r Wille allein nicht ausreichen­d, um Frieden aufrechtzu­erhalten, wenn es an finanziell­en Mitteln fehlt. Wir müssen mehr in Prävention investiere­n. Wenn ganze Gesellscha­ften in Konflikten kollabiere­n, reißt auch das soziale Gewebe. Gebäude werden zerstört, Gehälter werden nicht mehr gezahlt, Trinkwasse­r hört auf, aus Hähnen zu fließen.

Dann fangen wir an, Gelder für den Wiederaufb­au auszugeben – jedoch weitaus mehr, als wir vorher für die Prävention des Konfliktes gezahlt hätten. Neben dem Leid, dass wir nicht verhindert haben, macht dies auch finanziell keinen Sinn. Mehr Investitio­nen in einer Handvoll Länder können zu Einsparung­en in Milliarden­höhe für die Staatengem­einschaft führen.

Die Vereinten Nationen wurden gegründet, um Frieden zu schaffen und zu erhalten. Dafür sollte die Flagge der Organisati­on stehen. Erfolgreic­he Konfliktpr­ävention muss die Norm sein – nicht die Ausnahme. Die Vereinten Nationen müssen zum Weltfriede­nsvermittl­er werden.

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