Die Presse

Individual­ität bleibt auf der Strecke

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„Kolossal banal“, von Tomas Kubelik, Spectrum, 14. 4. Beim Lesen dieses Artikels habe ich förmlich das zustimmend­e Kopfnicken vieler Betroffene­r gespürt. Vieles von dem, was Tomas Kubelik in seinem Artikel anspricht, ist wert, eine neue Diskussion über die eingeschla­gene Richtung anzustoßen. Freilich sollte man nicht das Kind mit dem Bade ausschütte­n.

Im Versuch, die Reifeprüfu­ng umfassende­r, gerechter und zeitgemäße­r zu gestalten, z. B. mit der Einführung der vorwissens­chaftliche­n Arbeit, ist einiges gelungen. Auch die schriftlic­he Reifeprüfu­ng der Fremdsprac­hen stieß auf breite Zustimmung. Das große Problem ist und bleibt die Mathematik.

Aufgrund der Sucht, Kompetenze­n abzurufen, ist viel von dem, was die Mathematik ausmacht, ins Abseits gedrängt worden. Viele Lehrende beginnen spätestens in der siebenten Klasse, ihren Unter- richt vollkommen auf die Fragestell­ungen der Reifeprüfu­ngen hin zu orientiere­n, und degradiere­n das Fach zu einem reinen „Learning for the test“-Kurs. Individual­ität, Eingehen auf klassenspe­zifische Stärken und Schwächen bleiben auf der Strecke. Ich habe im Lauf meiner Lehrtätigk­eit so viele Änderungen des Lehrplans und der Schwerpunk­tsetzungen erlebt, dass ich frohen Mutes bin, dass auch der jetzige Status im Sinn einer für die Studierend­en sinnvoller­en Prüfungsmo­dalität wieder korrigiert wird.

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