Russland lobt „reife Partnerschaft“mit Wien
Antrittsbesuch. Außenminister Lawrow ließ Österreich vor seinem Treffen mit Kneissl Rosen streuen.
Moskau. Dass in Moskau die Straßen abgesperrt werden, damit ausländische Gäste nicht wie andere Verkehrsteilnehmer im Stau stehen, gehört bei Politikerbesuchen zur ganz normalen Gastfreundschaft. Doch selten ist Österreich in Russland so viel Aufmerksamkeit zuteil geworden wie dieser Tage. Während die Lage zwischen Ost und West jeden Tag ein wenig mehr eskaliert – rund um das diplomatische Zerwürfnis um den Fall Skripal oder den Streit um den mutmaßlichen Giftgasangriff in Syrien –, scheint Wien davon nicht betroffen.
Anlässlich des zweitägigen Moskau-Besuchs von Außenministerin Karin Kneissl, der am Donnerstag begann, ist das deutlich spürbar. Das offizielle Moskau und seine Medien loben die „neutrale, konstruktive“Einstellung Wiens. In diesen Worten drückte es der Propagandasender Russia Today aus. Dass sich Wien als Standort für Ge- spräche zwischen den USA und Russland ins Spiel gebracht hat – ein Angebot, das Kneissl im Zuge ihrer Visite nochmals unterbreiten wird –, schätzt man in Moskau. Denn besonders viele Ansprechpartner hat die russische Politik in Europa nicht mehr.
Von Margot Klestil-Löffler begleitet
Auch das Außenministerium lobte die österreichisch-russischen Beziehungen, die sich trotz der komplizierten Lage positiv entwickelten. Fast schwelgerisch sprach man von einer „reifen und vertrauensvollen Partnerschaft, beständig angesichts der Schwankungen der politischen Konjunktur“. Österreich sei als EU-Mitglied zwar zur Solidarität mit Brüssel verpflichtet, alle maßgeblichen politischen Kräfte seien aber gegen die Aufrüstung des Sanktionsdrucks.
Auch dass Österreich als Reaktion auf den Fall Skripal keine russischen Diplomaten auswies, rechnet Moskau Wien hoch an, sieht man sich doch von europäischer Seite einer „russophoben Verschwörung“ ausgesetzt. Wien hat lediglich die lückenlose Aufarbeitung der Affäre gefordert.
Kneissl, die von ihrer Russland-Beauftragten Margot Klestil-Löffler begleitet wird, trifft Lawrow am Freitag. Danach ist ein Besuch der Menschenrechtsorganisation Memorial geplant, die sich unter anderem mit der Aufarbeitung der Verbrechen der StalinZeit beschäftigt und immer wieder gegen behördliche Hindernisse ankämpfen muss. Wien will damit ein Zeichen setzen – und neben dem Treffen mit offiziellen Vertretern Unterstützung für die russische Zivilgesellschaft signalisieren. Sollte es der Zeitplan erlauben, wolle sie auf den Spuren des Autors von „Der Meister und Margarita“die Bulgakow-Ausstellung besuchen, erklärte die Ministerin in einem Tass-Interview und signalisierte Interesse an der russischen Kultur. Eröffnet wurde gestern auch ein Österreich-Institut in Moskau. Russland ist das erste Land außerhalb der unmittelbaren österreichischen Nachbarschaft, das ein solches Institut für Deutschkurse erhält.