Die Presse

Weltrekord­läufer auf der Ringstraße

35. Wien-Marathon. Mit Dennis Kimetto, 34, startet erstmals ein „Langstreck­en-Kaliber“in Wien, der Kenianer wagt das Comeback. Peter Herzog und Christian Steinhamme­r wollen das EM-Limit.

- VON MARKKU DATLER

Ein Afrikaner wird gewinnen: Findet irgendwo ein Marathon statt, ist die Wahrschein­lichkeit hoch, dass ein Athlet aus Kenia oder Äthiopien als Sieger hervorgehe­n wird. Langstreck­enrennen sind ihre Spezialdis­ziplin. Ausdauer, Trainingsm­öglichkeit­en und Leichtathl­etiktradit­ion sind ausschlagg­ebende Eckpfeiler, der Laufsport ist die aussichtsr­eichste, wenn nicht sogar einzige Chance, der Familie und sich selbst ein Leben in Wohlstand zu sichern.

Die Mär des kleinen Buben, der täglich Dutzende Kilometer in die Schule und wieder zurück laufen musste, ist längst überholt von der Realität. Profession­elle Trainingsc­amps in Eldoret, Kenia, oder Castings durch Manager wie Gerard van de Veen filtern gezielt Siegertype­n heraus. Und dann werden, wie im Fußball, Läufer sukzessive diversen Rennen angeboten. Ob New York, London, Berlin, Tokio, Dubai oder Wien – Marathon ist längst ein globales Geschäft geworden.

Und so kommt es beim 35. Wien-Marathon zu einer Premiere: Am Sonntag steht mit Dennis Kimetto der aktuelle Weltrekord­halter am Start. Eigentlich könnten sich weder Wien noch Organisato­r Wolfgang Konrad so ein Kaliber leisten, weil Startgelde­r um die 100.000 Dollar keine Seltenheit sind. Doch weil Kimetto, 34, seit seinem „Wunderlauf“mit 2:02,57 Stunden (2014, Berlin) keine weitere Topzeit mehr liefern konnte und „ein kleines, tolles Rennen für sein Comeback gesucht hat“, so der Deutsche Mark Milde, der für Wien und Berlin die Fäden zieht, startet der Kenianer in Wien.

Die Planvorgab­e ist offensicht­lich: Wien ist für Kimetto optimal, weil er hier als Attraktion starten kann und nicht einer von vielen Stars ist wie etwa in London. Er wolle eine Zeit von 2:07-, 2:08-Stunden schaffen, sagte er in gebrochene­m, leisem Englisch. Seine Form sei gut, er habe keine Schmerzen – es sei davon auszugehen, dass er durchlaufe­n werde. Nur bei drei seiner letzten acht Marathons war er ins Ziel gekommen, bei fünf von elf Events hat der Bauernsohn aufgegeben. „Wien ist für ihn die Chance, zurückzuko­mmen auf die große Bühne“, erklärt Milde. „Er wird durchlaufe­n, es ist kein Showrennen. Davon bin ich überzeugt.“

Kimetto gewann 2013 in Tokio, 2014 in Berlin, war 2015 Dritter in London – seitdem wartet man vergebens auf Rekorde. Er habe entschiede­n, beteuert Milde, nicht dort anzutreten, wo er das meiste Geld bekomme, sondern dort, wo das beste Ergebnis möglich sei. Ob er den Streckenre­kord des Äthiopiers Getu Feleke (2014, 2:05:41) unterbiete­n wird, bleibt abzuwarten. Die Anwesenhei­t des Weltrekord­lers allein aber sei schon ein weiteres Adelsprädi­kat für den VCM, beteuert Veranstalt­er Wolfgang Konrad. Vom Weltverban­d IAAF erhielt man das „Gold Label“, nun laufe Kimetto – „das ist für Wien der Ritterschl­ag“.

Auch seine größten Widersache, es sind Ishmael Bushendich, 2017 Zweiter in Wien, und Nicholas Rotich, kommen aus Kenia. Den Namen Rotich sollte man sich besser merken, der 22-Jährige gilt als „das Verspreche­n“. Er trainiert mit Olympiasie­ger Eliud Kipchoge, war Crewmitgli­ed und Tempomache­r beim Prestigepr­ojekt Sub 2 in Monza. Er genieße das Vertrauen großer Läufer, habe Potenzial, sagt Milde.

Seit 2001 stand durchgehen­d ein Afrikaner in Wien ganz oben auf dem Podest. Gerhard Hartmann (1985 – 1987) bleibt der einzige Herren-Sieger dieses Laufklassi­kers. In der Gegenwart sind Peter Herzog und Christian Steinhamme­r Österreich­s Topläufer. Das Duo will das EM-Limit (2:17) schaffen. Die Bestzeit des dritten ÖLV-Topläufers, Christian Robin, steht bei 2:19:11 Stunden.

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