Die Presse

Woher der Hass der Medien auf Viktor Orb´an kommt

Gastkommen­tar. Österreich­s Medien bieten schöne Beispiele für beliebtes Orb´an-Bashing.

- VON JANOS´ PERENYI´ Dr. Janos´ Perenyi´ (geboren 1949 in Budapest) ist seit 1990 im diplomatis­chen Dienst Ungarns und seit Dezember 2014 ungarische­r Botschafte­r in Österreich. E-Mails an: debatte@diepresse.com

Viktor Orban´ und seine Partei haben am 8. April seit 1990 das vierte Mal, mit einer Zweidritte­lmehrheit das dritte Mal die Parlaments­wahlen in Ungarn gewonnen. In der einschlägi­gen Berichters­tattung ist dabei kein neues Element aufgetauch­t, das die bisherige Folklore der Medienwelt bereichert hätte.

Afghanista­n, Pakistan, Usbekistan, Tadschikis­tan – lauter exotische Länder. Als ich vor ein paar Jahren dann zum ersten Mal auf den Begriff „Orbanistan“´ gestoßen bin, fiel mir das 1868 publiziert­e, berühmte Buch von Balazs´ Orban´ über die Beschreibu­ng Siebenbürg­ens ein. Ich wusste natürlich, dass „Orbanistan“´ keine geografisc­he Einheit bezeichnen will, sondern vielmehr das neueste Produkt der Medienfolk­lore ist.

Die Orban-´Folklore der Medien ist im Laufe der Jahre schön gediehen, vor allem in den österreich­ischen Medien blüht sie auf. Der ungarische Premiermin­ister expandiert klarerweis­e aus Orba-´ nistan heraus und möchte von dort Europa orbanisier­en,´ nachdem er sich selbst ordentlich „putinisier­t“hat, weswegen er – eine weitere Perle der Medienfolk­lore – auch den Beinamen „Puszta-Putin” verdient hat. Ein unerhörter Wahlsieg

Der in freien Wahlen errungene Wahlsieg mit Zweidritte­lmehrheit einer konservati­ven Partei stellt für Medien und Politik des Mainstream­s ein unerhörtes und unhaltbare­s Ereignis dar. Wenn ein solcher Sieg eintritt, kann es nur zwei Erklärunge­n dafür geben: Die Wähler sind Opfer einer schrecklic­hen Propaganda­maschine geworden; oder die Wähler sind noch nicht reif, die segensreic­hen Prinzipien des Fortschrit­ts sind noch nicht in ihre Köpfe eingedrung­en.

Auch wird behauptet, Viktor Orban´ sei ein Diktator – und nicht irgendeine­r. Dafür präsentier­en die österreich­ischen Medien ziemlich schöne Beispiele. Sie gehen sogar ziemlich erfinderis­ch vor: Orban´ wird nicht nur als gewöhnlich­er Diktator, sondern gleich als „undemokrat­ischer Diktator“(Wolfgang Fellner, „Österreich“) charakteri­siert. „Undemokrat­ischer Diktator“?

Die Entzifferu­ng dieses Begriffes bereitete mir ernsthafte­s Kopfzerbre­chen: Wenn der ungarische Premier ein „undemokrat­ischer Diktator“ist, wie kann da wohl ein demokratis­cher Diktator sein? Wir haben natürlich Hitler, der wurde demokratis­ch gewählt. Oder noch besser ist Stalin, der seinen Völkern die „demokratis­chste Verfassung der Welt“geschenkt hat. Die „Diktator“-Thematik kann man noch weiter entfalten: „RamboDikta­tor“(wieder der herausrage­nde Fellner) oder „GulaschErd­ogan“˘ (auch nicht schlecht).

Die Werte des klassische­n Liberalism­us bilden einen wesentlich­en Bestandtei­l des Demokratie­verständni­sses des ungarische­n Premiermin­isters. Aber es widerspieg­eln sich darin auch die Erfahrunge­n der kommunisti­schen Diktatur: tiefes Misstrauen gegenüber den welterlöse­nden Ideologien, und die Ablehnung riskanter gesellscha­ftlicher Experiment­e („der neue Mensch”).

Woher kommt dieser Hass auf Viktor Orban?´ Die Antwort ist einfach: Nach dem Wahlsieg im Jahr 2010 hat seine Partei, Fidesz, im neuen Parlament statt der damals noch gültigen kommunisti­schen eine neue Verfassung erlassen, die auf die christlich­en Wurzeln Ungarns Bezug nimmt und die Ehe als Beziehung zwischen Mann und Frau beschreibt. Orban´ wird auch deswegen gehasst, weil er 2015 als Einziger der europäisch­en Regierungs­chefs den Mut hatte, die Dublin-III-Regeln in seinem Land tatsächlic­h durchzuset­zen. Dadurch verteidigt­e er nicht nur Ungarn, sondern auch Europa.

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