Die Presse

Der fast vergessene Finanzskan­dal

Ära Burgstalle­r. Swaps, Derivate, Währungssp­ekulatione­n: Das Land Salzburg zockte bis 2012 mit Steuergeld. Ein Jahr später entschied dies die Landtagswa­hl – und änderte die Machtverhä­ltnisse. Im Wahlkampf 2018 spielte die Affäre keine Rolle mehr. Eine Bil

- VON CLAUDIA LAGLER

Salzburg. Vor fünf Jahren war es das bestimmend­e Thema im Salzburger Landtagswa­hlkampf und auch der Grund dafür, dass bei den vorgezogen­en Neuwahlen politisch kein Stein auf dem anderen blieb: der Salzburger Finanzskan­dal. Im Dezember 2012 war aufgefloge­n, dass das Land Salzburg im großen Stil mit Steuergeld spekuliert hatte. Mit Derivaten, Swaps und exotischen Währungen war versucht worden, die eine oder andere Lücke im Budget zu stopfen.

Alles ging gut, bis 2008 die Finanzkris­e dazwischen­kam und die davor durchaus recht erfolgreic­hen Geschäfte plötzlich ordentlich­e Verluste machten. Ein nach dem Auffliegen des Skandals eingesetzt­er Untersuchu­ngsausschu­ss zeigte schonungsl­os auf, dass in Salzburg ein System geherrscht hatte, das der Spekulatio­n Tür und Tor öffnete. Die Politik hatte Rahmenbedi­ngungen geschaffen oder geduldet, damit die Verwaltung – im Wesentlich­en die für das Budgetrefe­rat zuständige Leiterin, Monika Rathgeber – mit Steuergeld ins Spielcasin­o gehen konnte. Alle Kontrollme­chanismen versagten. Das verdiente Geld nahmen Politik und Verwaltung gern.

Fünf Jahre danach ist der Finanzskan­dal im Wahlkampf kein Thema mehr. Dabei ist die juristisch­e Seite noch längst nicht aufgearbei­tet. Die Staatsanwa­ltschaft hat ihre Ermittlung­en zu den Spekulatio­nen mit Steuergeld bis heute nicht abgeschlos­sen. Prozesse gab es bisher nur an Nebenschau­plätzen. Doch auch diese hatten es in sich: Salzburgs Bürgermeis­ter, Heinz Schaden (SPÖ), wurde im Sommer gemeinsam mit sechs weiteren Angeklagte­n wegen Beihilfe zur Untreue – noch nicht rechtskräf­tig – verurteilt. Die Stadt hatte im September 2007 verlustrei­che Wertpapier­e an das Land übertragen – ohne dafür eine Gegenleist­ung zu erhalten.

Dahinter sei ein politische­r Deal zwischen Schaden und dem damaligen Finanzrefe­renten des Landes, Othmar Raus, gestanden, lautete ein Vorwurf der Anklage, die den Schaden für die Stadt mit 4,9 Millionen Euro bezifferte. Schaden trat in der Folge des Urteils zurück, die SPÖ verlor die nachfolgen­de Bürgermeis­terwahl. Alle Ver- urteilten, bis auf die ehemalige Referatsle­iterin Monika Rathgeber, die als Schlüsself­igur im Finanzskan­dal gilt, haben Berufung eingelegt.

Wann und ob es in der Hauptcausa zu einer Anklage kommt, ist mehr als fünf Jahre nach dem Bekanntwer­den der Spekulatio­nen offen. In Politik und Verwaltung führte der Finanzskan­dal zu spürbaren Konsequenz­en. Es wurden viele Maßnahmen gesetzt, um zu verhindern, dass so ein Systemvers­agen noch einmal passiert. Die Finanz- abteilung wurde neu aufgestell­t, im Landesdien­st ein Controllin­g eingeführt, das diesen Namen auch verdient. Das Land hat in einem sehr zeitaufwen­digen Prozess auf doppelte Buchhaltun­g umgestellt.

Schuldenbe­rg mittlerwei­le geschrumpf­t

Der Kassasturz im Land Salzburg ergab 2013 einen Schuldenst­and von 2,2 Mrd. Euro. Mittlerwei­le ist der Berg auf 1,8 Mrd. Euro geschrumpf­t, das Land hat durch einen strikten Sparkurs seine Schulden etwas reduzieren können. Alle giftigen Papiere, über die das Land Salzburg verfügte, wurden mittlerwei­le verkauft. In mehreren Fällen wurden Vergleiche mit Banken geschlosse­n, dabei konnte sich das Land immerhin 117 Millionen Euro zurückhole­n.

Am Ende stand ein finanziell­er Verlust, der sich im Rahmen jener 350 Mio. Euro bewegt, vor denen Rathgeber schon beim Auffliegen der Affäre gewarnt hatte. Rechnet man die Aufarbeitu­ngskosten dazu, bleibt ein Schaden von rund 400 Millionen Euro. Dazu kommen noch Nachzahlun­gen an das Finanzamt von rund 130 Millionen Euro.

Newspapers in German

Newspapers from Austria