Wer eine Viertelstunde später ankommt
35. Wien Marathon. Die Topfavoriten aus Kenia und Österreichs beste Läufer trennen im Ziel Welten, Weltrekordler Kimetto ist im Durchschnitt pro Kilometer um 20 Sekunden schneller. Skurrile Vergleiche mit Watt und Pferdestärken.
Nicht nur bei den Herren, auch bei den Damen ist der Marathon fest in afrikanischen Beinen. Knüpft ein Weltrekordler wie Dennis Kimetto (2:02,57) dem besten Österreicher auf jedem Kilometer knapp 20 Sekunden und bis ins Ziel eine Viertelstunde ab, ist der Unterschied bei den Damen noch weitaus krasser.
Im Vorjahr siegte die Kenianerin Nancy Kiprop in 2:24,20 Stunden; Sandra Urach (2:45:24), Katharina Zipser (2:45:56) und Victoria Schrenk (2:47:45) sind mit ihren Bestleistungen mehr als zwanzig Minuten langsamer. Und, den Wien-Rekord hält seit 2000 Maura Viceconte (ITA) in 2:23:47.
Daher darf man am Sonntag (ab 8.58 Uhr, ORF eins, live) gespannt sein, wie sich Eva Wutti schlagen wird. Die 29-Jährige gibt ihr Debüt, die Triathletin und vierfache Ironman-Siegerin will auf Anhieb das EM-Limit erbringen (2:37 Stunden). Bislang lief sie einen Marathon im Rahmen des Triathlons in circa 2:53 Stunden – nach 3,86 km Schwimmen, 180,2 km Radfahren. Für Österreicherinnen ist das Limit fast ein Meilenstein: 2:37 Stunden, so schnell ist seit 2010 mit Ausnahme von Rekordhalterin Andrea Mayr (2:30:43) keine ÖLV-Starterin mehr gelaufen.
Bei den Herren versuchen mit Peter Herzog und Christian Steinhammer zwei Österreicher, das EM-Limit zu knacken. Es ruht al- lerdings bei 2:17 Stunden, es bedarf also persönlicher Bestleistungen. Zum Vergleich: Der Streckenrekord des Äthiopiers Getu Feleke aus dem Jahr 2014 liegt bei 2:05:41 Stunden, der österreichische Rekord gehalten von Günter Weidlinger (2:10:47) hat seit 2009 Bestand.
Kimettos Bestzeit gelang dank perfekter Streckenführung und Spezialbegleitung quer durch die deutsche Metropole Berlin mit eigenen Tempomachern. 2:02,57 Stunden, das entspricht über 42,195 km einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 20,59 km/h, es sind 2:54 Minuten pro Kilometer.
Einen Hauch schneller war man beim Projekt „Sub2“im Vorjahr in Monza. Olympiasieger Eliud Kipchoge sollte auf der Rennstrecke unter Laborbedingungen einen Marathon unter zwei Stunden laufen. Stets frische Tempomacher, optimales Wetter – er schaffte es in 2:00,25 Stunden. 25 Sekunden fehlten auf diese (inoffizielle) Bestzeit, die ausschließlich der Industrie dienen sollte. Weitere Versuche, einen Marathon unter zwei Stunden zu laufen, werden gerade von Nike erwogen.
Und, was war die Leistung, plump gefragt? 1,5 Watt beträgt die durchschnittliche Leistung des menschlichen Herzens. 1880 Watt (2,5 PS, ja: Pferdestärken) sollen bei Kimetto beim Weltrekordlauf gemessen worden sein.
Das ist extrem, als Kontrastprogramm dienen die Daten von 100-Meter-Weltrekordler Usain Bolt. 2009 lief er die 100 Meter in 9,58 Sekunden. Das sind 10,44 Meter pro Sekunde im Schnitt, circa 37,58 km/h. Seine Höchstgeschwindigkeit betrug 43 km/h. Der menschliche Körper ist also in der Lage, viel Energie zu liefern. Laut „Independent“wurden über 2600 Watt bereits nach nur 0,89 Sekunden erreicht, es glich einer Explosion. Das sind circa 3,5 PS.
Radiosender Ö3 schickt am Sonntag 42 Starter gegen Kimetto ins Rennen. Jeder läuft einen Kilometer, seit vier Jahren läuft dieser Vergleich bereits mit dem VCMFavoriten – zweimal gewannen die Hobbyläufer. 2:55 Minuten, länger darf kein Läufer für den Abschnitt brauchen. (fin)