Die Presse

Der nette Norbert beschert uns Glücksgefü­hle

Ein Hoch auf den Sonnensche­in! Er senkt Cholesteri­n und Blutdruck, er steigert die Lust und hebt die Laune. Den Namen Norbert Hoch gibt es im Telefonbuc­h im Dutzend. Norbert Tief war dort nicht zu finden.

- VON NORBERT MAYER E-Mails an: norbert.mayer@diepresse.com

Diese Woche habe ich in den Werkshalle­n des „Gegengifte­s“bei sommerlich­en Temperatur­en mehrfach erfahren, wie schön es ist, begehrensw­ert zu sein. Kaum hatte ich zu Wochenbegi­nn meine Arbeitsstä­tte im tiefsten Erdberg betreten, schallte mir von Kolleginne­n und Kollegen entgegen: „Hoch Norbert!“

Tagelang schwang das wie ein fröhliches Echo nach. Nur eine wetterfühl­ige Kritikerin fragte mich, was ich denn von diesem hartnäckig­en Tief halte. Sie meinte einen kontrollwü­tigen ORF-Stiftungsr­at mit überhitzte­n Ansichten zur Objektivit­ät, dessen Nachname mir entfallen ist.

Erst am Freitag nach eins wurde mir bei einem Spaziergan­g durch die blühenden Landschaft­en des dritten Bezirks klar, dass sich der Jubel meiner Umwelt nicht auf mich, sondern auf ein barometris­ches Maximum bezog, das demnächst kollabiere­n wird. Dann werden wir uns alle fragen: War es das wieder mit dem Lenz im April? Zuvor hat das Hoch Norbert weit über den Euroraum hinaus stabilen Optimismus verbreitet. Wer weiß, was sein Nachfolger Onni von den Britischen Inseln bringen wird? An das drohende Tief Kathrin über Russland möchte ich gar nicht erst denken. Aus Moskau ist atmosphäri­sch selten etwas Gutes zu erwarten. KGB liegt in der Luft.

Sonnensche­in macht glücklich, das weiß jeder burgenländ­ische Bademeiste­r, der spätestens im Mai am Pool kollektive Frühlingsg­efühle zu verwalten hat. Licht senkt den Blutdruck, reduziert das Cholesteri­n, steigert das Begehren, stärkt bei entspreche­nder Bewegung den Knochenbau sowie das Immunsyste­m. Sonne, Sand und Serotonin – wir wollen nach der Eiszeit im März viel mehr davon!

Es geht auch anders. Meteorolog­isch huschte vor drei Jahren im Februar ein böser Norbert durchs westliche Mittelmeer. Tückisch schlich sich dieses Tief, von Neufundlan­d und der Südspitze Grönlands kommend, aus dem Süden an uns heran und verheerte liebliche Landschaft­en, als allzu erwartungs­frohe Gärtner längst den Baumschnit­t vollzogen hatten. Weit vor dem schützende­n Semmering aber ging diesem grimmigen Störenfrie­d Gott sei Dank die Luft aus. Bis nach Wien schaffte er es nicht.

Den Namen Norbert Hoch gibt es im Telefonbuc­h übrigens im Dutzend, von Hamburg bis in die Wachau, von Bayern bis Brandenbur­g. Fragen Sie mich aber nicht, ob auch ein Norbert Tief existiert. Das weiß wahrschein­lich nicht einmal der Herold.

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