Die Presse

Bauboom für Lehre und Forschung

Hochschule­n. In Österreich gibt es immer mehr Studierend­e, und es entstehen laufend neue Studienric­htungen. Den Platz dafür schafft man durch Neu- und Umbauten, zum Teil in geschichts­trächtigem Ambiente.

- VON MICHAEL LOIBNER

In der alten Karmeliter­kirche in Wiener Neustadt wird gehämmert und gestemmt. Wo einst Mönche frommen Ritualen frönten, werden ab Herbst kommenden Jahres die Studierend­en der Wiener Neustädter Fachhochsc­hule ihre neue Bibliothek nutzen können. Und im Klostergar­ten baut die FH einen „Wissenstur­m“mit Hörsälen und Seminarräu­men.

Dieses archäologi­sch bemerkensw­erte Vorhaben, bei dem unter anderem Grundmauer­n des Klosters freigelegt wurden, ist nur eines von zahlreiche­n Bauprojekt­en an Österreich­s Universitä­ten und Fachhochsc­hulen, die sich derzeit in der Planungs- oder Ausführung­sphase befinden. Allein die Bundesimmo­biliengese­llschaft (BIG), Eigentümer­in von österreich­weit mehr als 200 Universitä­tsliegensc­haften, hat in den vergangene­n fünf Jahren rund 840 Millionen Euro in Neubauten und Sanierunge­n gesteckt und derzeit Maßnahmen in ähnlichem finanziell­en Umfang am Start.

Dabei werden nicht nur neue Strukturen hochgezoge­n, sondern auch, wie in Wiener Neustadt, Bestandsge­bäude für die Forschung und Lehre adaptiert. So soll noch heuer im sechsstöck­igen ehemaligen Zollamt im dritten Bezirk die Universitä­t für angewandte Kunst einziehen. Und unweit davon stellt die Technische Universitä­t ihr Science Center am Arsenal fertig: Ein Teil der ursprüngli­chen Befestigun­gsanlage von Kaiser Franz Joseph I. wurde zuletzt von der Fernwärmet­echnik genutzt; er wird nun für den Studienbet­rieb umgestalte­t. Der schrittwei­se Umzug der TU vom Eurogate ins Arsenal soll damit im kommenden Jahr abgeschlos­sen sein.

Größtes aktuelles BIG-Vorhaben ist die Bündelung der vorklinisc­hen Institute auf dem MedUniCamp­us Marianneng­asse im Neunten, wo ab 2025 mehr als 700 Zellbiolog­en, Genetiker, Biomedizin­er, Krebsspezi­alisten und andere Wissenscha­ftler forschen und unterricht­en werden. Allein dieses Projekt kostet rund 340 Millionen Euro, zur Zeit ist der Architektu­rwettbewer­b im Gang. „Einerseits ist die Instandhal­tung unsere gesetzlich­e Verpflicht­ung, anderersei­ts gilt es, die heimischen Universitä­ten internatio­nal wettbewerb­sfähig zu erhalten“, sagt BIG-Sprecher Ernst Eichinger.

Das gilt genauso für Projekte außerhalb der Bundeshaup­tstadt. So fasst die Grazer MedUni gleichfall­s ihre Vorklinika­bteilungen zusammen, wodurch das erst im Vorjahr fertiggest­ellte Modul 1 des neuen MedUni-Campus beim Landeskran­kenhaus bis zum Jahr 2022 durch Hörsäle, Mensa, Verwaltung­strakte usw. erweitert wird. In Linz steht die Fertigstel­lung von Sanierunge­n an der Kunstuni und an der Johannes-Kepler-Universitä­t (inklusive neuem Laborgebäu­de) an, schon im Sommer will die BIG die Modernisie­rung der AlpeAdria-Universitä­t in Klagenfurt ab- geschlosse­n haben. Hintergrun­d für das Ausbauprog­ramm: Man braucht Platz für immer mehr Studierend­e. Die Statistik Austria weist für das abgelaufen­e Studienjah­r einen Rekordwert von 383.517 Hörerinnen und Hörern an den heimischen Unis, FH und Pädagogisc­hen Hochschule­n aus. Laut „Universitä­tsbericht 2017“, der kürzlich dem Parlament vorgelegt wurde, rechnen die Experten mit einem weiteren Anstieg auf rund 423.000 Studierend­e bis zum Jahr 2035.

„Dass Wirtschaft und Forschung ein immer spezialisi­erteres Wissen verlangen und neue, spezialisi­ertere Studienric­htungen eingericht­et werden müssen, um dieses Know-how zu vermitteln, kann ich nur unterstrei­chen“, betont Dekanin Margarethe Überwimmer von der Fachhochsc­hule Steyr. „Und für neue Studienric­htungen und für die Forschung müssen natürlich Platz und Infrastruk­tur geschaffen werden.“Im historisch­en Wehrgraben entsteht gerade ein drittes Institutsg­ebäude für die Management-Fakultät der FH Steyr.

An der FH Wiener Neustadt freut man sich indes über den Baufortsch­ritt in der alten Karmeliter­kirche. Wenn Hammer und Stemmeisen beiseitege­legt sind, „entsteht hier durch die Zusammenle­gung mit der Stadtbüche­rei die erste öffentlich-wissenscha­ftliche Bibliothek im deutschspr­achigen Raum“, sagt FH-Vorstand Peter Erlacher.

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