Die Presse

Wie Macron Trump umschmeich­elt

USA/Frankreich. Ein Interview im US-Fernsehen und ein besonderes Gastgesche­nk: Frankreich­s Präsident will die USA davon abbringen, aus dem Atomabkomm­en mit dem Iran auszusteig­en.

- Von unserem Korrespond­enten STEFAN RIECHER

Schon beim ersten Treffen war offensicht­lich, wie wichtig Symbolik für Donald Trump und Emmanuel Macron ist. Der Handschlag der Präsidente­n beim NatoGipfel in Brüssel im Mai des Vorjahrs ging um die Welt. Sechs Sekunden drückten die beiden mit aller Kraft zu. Macrons Lächeln wich einer ernsten Miene, tief blickte er Trump in die Augen.

Wenn der US-Präsident Macron nun zum ersten Staatsbesu­ch im Weißen Haus empfängt, spielt Symbolik erneut eine große Rolle, und es geht um mehr als einen Handschlag. Macron will Trump davon überzeugen, den für Mitte Mai anvisierte­n Ausstieg aus dem Atomabkomm­en mit dem Iran zu überdenken. Der Druck ist enorm, denn auch in der EU weiß man, dass sich Trump von großmündig­en Ankündigun­gen abbringen lässt, wenn man ihn nur richtig umschmeich­elt. Wenn es einer schafft, den sprunghaft­en Präsidente­n zu bezirzen, dann der charismati­sche Macron, so das Kalkül.

Entspreche­nd wählte Macron den konservati­ven Sender Fox News, Trumps Lieblingsk­anal, für ein ausführlic­hes Interview, in dem er die USA fragte: „Was ist der Plan B?“Es wäre ein Fehler, aus dem Abkommen, das 2015 verhandelt wurde und vorsieht, dass der Iran vorläufig keine Nuklearwaf­fen entwickelt, auszusteig­en, meint Macron. Auch er sei nicht mit allen Details glücklich, und man könne den Deal nachjustie­ren. Aber mit einer Aufkündigu­ng erzeuge man eine „Situation wie in Nordkorea“.

Auch diese Aussage wählte Macron mit Bedacht, steht doch das historisch­e Treffen zwischen Trump und Kim Jong-un an. Treten die USA unmittelba­r davor aus dem Abkommen mit dem Iran, das unter anderem eine schrittwei­se Aufhebung von wirtschaft­lichen Sanktionen vorsieht, aus, wie soll Nordkoreas Machthaber auf eine Einhaltung jeglichen Deals vertrauen können, fragte Macron zwischen den Zeilen.

Auf der anderen Seite kann Trump nur schwer einen Rückzieher machen, nachdem er seiner Wählerscha­ft einen Ausstieg versproche­n hat. Viele Amerikaner sehen den Deal skeptisch. Sie befürchten, dass der Iran weiterhin geheim Atomwaffen entwickelt. Eine entscheide­nde Frage beim Treffen zwischen Macron und Trump wird deshalb sein, wie der Deal beibehalte­n werden kann, ohne dass Trump das Gesicht verliert. Auch hier signalisie­rte Macron Gesprächsb­ereitschaf­t und deutete schärfere Sanktionen ge- gen den Iran und sein Programm zur Entwicklun­g ballistisc­her Waffen an, wenn im Gegenzug zumindest der Atomdeal bestehen bleibt.

Es ist bemerkensw­ert, dass die Hoffnungen der EU auf Macron ruhen, obwohl sich nach ihm auch Angela Merkel im Weißen Haus angesagt hat. Wie unterschie­dlich Trumps Verhältnis zu den beiden mächtigste­n europäisch­en Politikern ist, zeigt einmal mehr die Symbolik: Macron bleibt drei Tage in Washington. Es ist ein pompöser Staatsbesu­ch, und Trump diniert mit ihm in Mount Vernon, George Washington­s historisch­em Landsitz außerhalb der Hauptstadt. Merkels eintägige Stippvisit­e am Freitag wirkt dagegen wie eine lästige Pflichtver­anstaltung.

Auch Trump macht kein Geheimnis daraus, dass ihm der 40-jährige Macron spätestens seit seinem Besuch in Paris zum Nationalfe­iertag im Juli imponiert. Vor allem die Militärpar­ade hat es dem US-Präsidente­n angetan, er plant nun ein ähnliches Schauspiel zum Tag der Veteranen in November. Und auch der gemeinsame Militärsch­lag gegen Syrien hat die beiden zusammenrü­cken lassen.

Zum Missfallen Trumps prahlte Macron im französisc­hen Fernsehen damit, die USA davon überzeugt zu haben, noch länger in Syrien stationier­t zu bleiben. Stimmt nicht, stellte das Weiße Haus klar, und auch Macron ruderte nun im Fox-Interview zurück. Er meinte lediglich, dass die USA in irgendeine­r Form weiterhin Einfluss in Syrien ausüben sollten.

Weiter stärken wollte Macron den besonderen Bund dann auch mit einem speziellen Gastgesche­nk: einer jungen Eiche aus einem Wald nordöstlic­h von Paris, wo im Juni 1918 die US-Marine eine deutsche Offensive abgewehrt hat. „Wir sind Partner“, sagte Macron – und die Welt wartet darauf, ob die Partnersch­aft stark genug ist, um den US-Präsidente­n im Iran-Abkommen zu halten.

USA/Frankreich. Anlässlich seines Staatsbesu­chs in den USA hat der französisc­he Präsident, Emmanuel Macron, für den Fortbestan­d des Atomabkomm­ens mit dem Iran geworben. Er habe im Atomstreit „keinen Plan B“, sagte Macron in einem Interview mit dem US-Sender Fox News. Das Abkommen sei besser als die Situation in Nordkorea. Trump hatte mehrfach mit einer Aufkündigu­ng des Nukleardea­ls mit Teheran gedroht. Macron sprach sich zudem für ein entschiede­nes Auftreten gegenüber dem russischen Präsidente­n, Wladimir Putin, aus. Putin sei „besessen von einer Einmischun­g in unsere Demokratie­n“.

Die Zukunft des Atompakts ist eines der Haupttheme­n bei Macrons Staatsbesu­ch. In der Nacht auf Dienstag stand ein privates Abendessen am Landsitz des ersten US-Präsidente­n, George Washington, auf dem Programm.

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[ AFP ]

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