Keine Angst vor Gift, aber vor Importen
Studie. Österreicher misstrauen den Lebensmitteln aus dem Ausland. Der Einsatz von Pestiziden stört sie weniger.
Wien. „Pestizide in vier von fünf Äpfeln entdeckt“, „Glyphosat und Gentechnik im Honigglas“: Wer die Schlagzeilen verfolgt, dem muss um die Lebensmittelsicherheit in Österreich angst und bang werden. Umweltorganisationen zeichnen seit Langem ein düsteres Bild: Gemüse sei vergiftet, Fleisch mit Antibiotika verseucht. Eine breit veröffentlichte Meinung, an der die Politik nicht vorbeikann, ob es nun um Glyphosat oder den Bienenkiller Neonicotinoide geht. Wie aber sehen die heimischen Konsumenten das Thema?
Erstaunlich gelassen – vorausgesetzt, die Lebensmittel kommen aus Österreich. Das zeigt eine aktuelle Umfrage, die der „Presse“exklusiv vorliegt. Fast alle, nämlich 98 Prozent, sind mit der Qualität und Anbauform heimischer Agrarprodukte „sehr“oder „eher“zufrieden. Nur jeder Achte findet, die Qualität nehme ab, fast jeder Dritte meint, sie steige. Eine klare Mehrheit von 60 Prozent geht davon aus, dass die heimischen Bauern Pflanzenschutzmittel „verantwortungsbewusst und sorgsam“einsetzen, um ihre Erträge zu sichern. Nur 23 Prozent fürchten das Gegenteil. Allerdings ist hier die Skepsis bei höher Gebildeten (mit 35 Prozent) deutlich größer – und bei Bewohnern von Kleingemeinden (36 Prozent), die am nächsten an der Herstellung dran sind.
Daniel Kapp kann mit diesem Ergebnis jedenfalls zufrieden sein. Der frühere Sprecher von ExLandwirtschaftsminister Pröll berät heute Kunden aus den Bereichen Landwirtschaft, Saatgut und Pflanzenschutz; die Umfrage zu den „Angstthemen“hat er aber selbst in Auftrag gegeben (500 Telefoninterviews, durchgeführt von M&R). Aus seiner Sicht „dra- matisieren“die NGOs „punktuell“auf einzelne Wirkstoffe hin und leiten daraus die „Fiktion einer Gesamtkatastrophe ab“. Für die „Panikmache“hätten sie mehr Budget zur Verfügung. Damit fühlt sich der Berater, der mit nüchternen Fakten dagegenhalten will, nicht als Goliath, sondern als David.
Je ferner her, desto schlechter
Freilich: Sonderlich erfolgreich haben die Umweltorganisationen ihre Botschaft offenbar nicht unters Volk gebracht. Ganz anders als die Agrarmarkt Austria, die mit Gütesiegel und Kampagnen seit Langem eine höhere Qualität heimischer Lebensmittel suggeriert.
Das wirkt: Schon bei Agrarprodukten aus anderen EU-Ländern haben 30 Prozent „gar kein Vertrauen“. Kommen sie aus Südame- rika, sind es fast zwei Drittel, bei den USA sogar 85 Prozent. Eben weil die Österreicher heimischen Produkten „mehr vertrauen“, zeigen sich 73 Prozent auch über die „zunehmende Einfuhr“besorgt. Fast die Hälfte (47 Prozent) hat dabei das Gefühl, „dass wir immer abhängiger vom Ausland werden“.
Rational lässt sich diese Furcht schwer erklären: Die agrarische Handelsbilanz ist zwar traditionell leicht negativ, aber die Lücke hat sich im Vorjahr verringert. Mit 91 Prozent ist der Selbstversorgungsgrad hoch. Aus ökonomischer Sicht sollte er seit dem Siegeszug der internationalen Arbeitsteilung und innerhalb eines riesigen EU-Binnenmarkts mit fast identen Standards ohnehin kein großes Thema sein. Gerade kleine, weit entwickelte Länder speziali- sieren sich auf Güter mit hoher Wertschöpfung und müssten kein Problem damit haben, im Gegenzug einfache Agrarprodukte zu importieren. Dennoch sind hier die Einstellungen innerhalb der EU sehr unterschiedlich, wie jüngst eine Eurobarometer-Umfrage gezeigt hat: Für 40 bis 50 Prozent der Holländer, Schweden und Dänen spielt „regionales Know-how“keine Rolle beim Kauf von Lebensmitteln; in Österreich gilt das nur für 20 Prozent. Noch höher schätzen Ungarn, Slowenen und Bulgaren ihre nationale Produktion ein.
Wenn also viele Österreicher eine Wurst aus Ungarn als qualitativ minderwertig erachten, sollten sie zumindest wissen: Vielen Menschen in diesem Nachbarland geht es mit österreichischen Fleischwaren ganz genauso.
Landwirtschaft. Eine aktuelle Umfrage zeigt: Fast alle Österreicher (98 Prozent) sind mit der Qualität und Anbauform heimischer Lebensmittel „sehr“oder „eher“zufrieden. Nur jeder Achte findet, die Qualität nehme ab, fast jeder Dritte meint, sie steige. Eine klare Mehrheit von 60 Prozent geht davon aus, dass die heimischen Bauern Pflanzenschutzmittel „verantwortungsbewusst und sorgsam“einsetzen, um ihre Erträge zu sichern. Nur 23 Prozent fürchten das Gegenteil. Allerdings ist das Misstrauen gegenüber Lebensmitteln aus dem Ausland groß: Schon bei Agrarprodukten aus anderen EULändern haben 30 Prozent „gar kein Vertrauen“. Kommen sie aus den USA, sind es sogar 85 Prozent. Zudem zeigen sich fast drei Viertel über eine „zunehmende Einfuhr“besorgt. Fast die Hälfte hat das Gefühl, „dass wir immer abhängiger vom Ausland werden“.