Entgegen grundlegenden „europäischen Werten“
„Trump und Co. zeigen ihre Muskeln“, GK von Georg Vetter, 17. 4. Diese interessante, aber wenig optimistische Analyse regt zum Nachdenken an. Besonders bedenklich ist, dass Entscheidungen über schwerwiegende politische und militärische Sanktionen zur Verfolgung macht- bzw. innenpolitischer Interessen eingesetzt werden, und dies auf Grundlage von bloßen Vermutungen bzw. selbst aufgrund von Fake News.
Zu Recht verurteilt die EU Verletzungen rechtsstaatlicher Prinzipien und fordert deren strenge Einhaltung – etwa durch Polen und Ungarn – ein. Sie übersieht jedoch völlig, dass im Fall Skripal die Verurteilung und Bestrafung des vermeintlichen Täters Russland erfolgte, ohne dass die Schuldfrage geprüft, geschweige denn geklärt wurde und somit das Fundament rechtsstaatlicher Strafverfolgung – die Unschuldsvermutung – auf den Kopf gestellt wurde.
Die EU verurteilt auch ganz zu Recht Verletzungen des Völkerrechts, übersieht jedoch beim trilateralen Angriff vom 14. April in Syrien, dass militärische Interventionen laut Charta der Vereinten Nationen ausschließlich unter zwei Voraussetzungen zulässig sind: bei Selbstverteidigung oder Genehmigung durch den Sicherheitsrat. Da beides nicht
vorliegt, ist es offensichtlich, dass nicht nur die USA, sondern auch Großbritannien und Frankreich völkerrechtswidrig gehandelt haben. Hinzu kommt, dass der Angriff vor Eintreffen der allein zuständigen Experten der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW), daher ohne kompetente Klärung der Fakten und der Schuldfrage erfolgte und damit neuerlich die Unschuldsvermutung auf den Kopf gestellt wurde.
Darüber hinaus wurde von den Regierungen in London wie in Paris ein demokratisches Grundrecht – die Entscheidung des Parlaments über militärische Einsätze – ausgehebelt.
Ein derartiges Vorgehen zu begrüßen bzw. „Solidarität“damit einzufordern, ist daher unangebracht, da es eine Unterstützung für den Bruch des Völkerrechts und der europäischen Rechtsordnung bedeutet und daher in Widerspruch zu grundlegenden europäischen Werten steht. Dr. Werner Ehrlich, Botschafter i. R., 1030 Wien