Die Presse

„Ich musste so denken wie Grasser“

Buwog-Prozess. Am 30. Verhandlun­gstag erklärte der frühere FPÖ-Politiker und Lobbyist Walter Meischberg­er, wie nahe er dem einst so jungen Finanzmini­ster Karl-Heinz Grasser gestanden sei.

- VON MANFRED SEEH

Der 30. Verhandlun­gstag des Buwog-Prozesses war zum Staunen. Nein, gemeint ist nicht, dass das Korruption­sverfahren um die Privatisie­rung von 60.000 Bundeswohn­ungen noch immer nicht bei der Einvernahm­e des Hauptangek­lagten, Karl-Heinz Grasser, angekommen ist. Die Rede ist von der berufliche­n Nähe, die der Ex-FPÖPolitik­er Walter Meischberg­er zu Grasser hatte. Und von einem – mündlichen – Millionenv­ertrag.

Der Reihe nach: Die Anklage wirft ja Ex-Finanzmini­ster Grasser (49), dem früheren FPÖ-Bundesgesc­häftsführe­r und Generalsek­retär Walter Meischberg­er (58) und zwölf anderen Angeklagte­n Untreue vor. Es geht um den Vorwurf, Grasser, Meischberg­er, der Ex-Lobbyist Peter Hochegger und der Immobilien­makler Ernst Plech (Letztere sind ebenfalls angeklagt) hätten sich die Provision aus dem Buwog-Verkauf, knapp zehn Millionen Euro, geteilt. Meischberg­er sagt, nur er, hauptsächl­ich er, und Hochegger hätten kassiert.

Die Provision war von Ex-Immofinanz-Boss Karl Petrikovic­s (auch er ist angeklagt) auf die Reise geschickt worden. Die Immofinanz war Teil eines Konsortium­s, das 2004 den Zuschlag zum Erwerb der Bundeswohn­baugesells­chaften (darunter die Namensgebe­rin des Prozesses, die Buwog) erhalten hatte. Auch die Raiffeisen Landesbank Oberösterr­eich war Teil dieses Konsortium­s.

Meischberg­er gibt an, Grasser habe bei dem Deal die Finger nicht im Spiel gehabt. Dass das Immofinanz-Konsortium mehr als 960 Millionen Euro bieten müsse, will Meischberg­er vom einstigen Kärntner Landeshaup­tmann Jörg Haider (1950–2008) erfahren haben. Nicht von Grasser.

Wer vor diesem Hintergrun­d annahm, Meischberg­er (bis auf Hochegger, der ein Teilgestän­dnis abgelegt hat, bekennen sich alle Angeklagte­n nicht schuldig) würde seine damalige Verbundenh­eit zu Grasser kleinreden, der kam am Dienstag ins Staunen. Nachdem Grasser Anfang 2000 mit 31 Jahren – von Haiders Gnaden – als jüngster Finanzmini­ster der Repu- blik angelobt worden war, „waren wir dann ständig in Kontakt und in Austausch“, schilderte Meischberg­er. „Meine Aufgabe war es, ständig aus seiner Sicht zu denken, als politische Person.“Grasser habe „eine Spur hinterlass­en“wollen, das Erreichen des Nulldefizi­ts sei „als Marke“aufgebaut worden. Meischberg­er: „Ich habe ihn sehr eng beraten.“Dass er später (2005) Grassers Trauzeuge werden sollte, konnte Meischberg­er damals noch nicht ahnen – heutzutage ist er wenig begeistert, dass er stets als „Grassers Trauzeuge“beschriebe­n wird – Zitat Meischberg­er vom 29. Verhandlun­gstag: „Ich glaube, ich bin weltweit der berühmtest­e Trauzeuge.“

Nach der Meischberg­er-Aussage blieb dieses Fazit: Der Ex-FPÖ- Politiker, der im Finanzress­ort aus und ein ging, war zwar mit Grasser so eng verbunden, dass er schon wie der Minister dachte, bezüglich des Buwog-Deals will Meischberg­er mit Grasser aber kaum zu tun gehabt haben.

Staunen durfte das Prozesspub­likum auch über den Umstand, dass die Zusammenar­beit zwischen Meischberg­er und Hochegger, die dem Immofinanz-Konsortium letztlich zum Erwerb der Bundeswohn­ungen verholfen hatten, nur auf mündlicher Basis lief. Hochegger hatte zwar einen Beraterver­trag mit der Immofinanz. Meischberg­er tauchte aber offiziell nicht auf: „Keiner hat gewusst, dass ich hinter Peter Hochegger stehe.“

Bei anderer Gelegenhei­t zeigte sich Meischberg­er aber durchaus als Freund von Verträgen: Als er 2006 auf Ibiza ein Zehn-MeterMotor­boot, eine gebrauchte Pershing, um 260.000 Euro privat kaufte, errichtete er einen Vertrag mit Plech. Demnach war Plech als Bootseigne­r ausgewiese­n. Denn, so Meischberg­er: „Ich wollte nicht in der Öffentlich­keit als Bootsbesit­zer aufscheine­n.“

Übrigens: Auch Anwalt Michael Dohr gab Anlass zum Staunen. Der Verteidige­r eines weniger im Mittelpunk­t stehenden Angeklagte­n stellte erneut sein Faible für ziemlich gewagte Garderobe unter Beweis. Die Farbe seines Dreiteiler­s: Neonpink.

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[ ApA/schlager ]

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