Neuer Turbo für Großprojekte
ÖVP und FPÖ legen erste Eckpunkte zu einem neuen Gesetz vor. Damit sollen die Bewilligungsverfahren für Projekte, die dem Wirtschaftsstandort dienen, beschleunigt werden.
Der gestrige Dienstag wird in die Geschichte der europäischen Stahlindustrie eingehen. Erstmals seit 40 Jahren wird in Europa wieder ein Stahlwerk gebaut. Voestalpine-Chef Wolfgang Eder sprach beim Spatenstich von einer „schwierigen Standortentscheidung“. Denn nicht alles habe für den Standort im obersteirischen Kapfenberg gesprochen. Die Fertigstellung ist für 2021 geplant. Es geht um ein Investitionsvolumen von bis zu 350 Millionen Euro. Damit sind rund 3000 Arbeitsplätze in der Region gesichert.
Erste Details im Ministerrat
Doch nicht immer läuft alles so rund wie in Kapfenberg. Wie schwierig es ist, in Österreich wichtige Großprojekte umzusetzen, zeigt das jahrelange Genehmigungsverfahren für die dritte Piste am Wiener Flughafen. Das ist kein Einzelfall. Schon mehr als ein Jahrzehnt dauert die Auseinandersetzung um die 380-kV-Hochspannungsleitung in Salzburg. Bürger- initiativen und Gemeinden laufen dagegen Sturm. Das nächste Problem zeichnet sich bei Investitionen im Telekombereich ab. Für den neuen superschnellen Mobilfunkstandard 5G sind zehn Mal mehr Antennen als bei der Vorgängertechnologie notwendig – entsprechend lang dürften die Genehmigungsverfahren dauern.
Damit Firmen möglichst rasch Planungs- und Rechtssicherheit erhalten, wird sich der Ministerrat am heutigen Mittwoch mit ersten Details zum neuen Standortentwicklungsgesetz beschäftigen. Der „Presse“liegen die Eckpunkte vorab vor. Geplant ist, dass die Regierung bei einzelnen Projekten, die „in außerordentlichem Maße“der Entwicklung des Wirtschaftsstandortes dienen, das besondere Interesse der Republik bestätigen kann. Für alle Projekte, die von der Regierung per Verordnung mit einem solchen Standortsiegel ausgestattet werden, soll es „verfahrensbeschleunigende Maßnahmen in anderen Materiengesetzen“geben, wie es im Vortrag an den Ministerrat heißt. Im Gesetz soll ein speziel- les Auswahlverfahren für die Projekte festgelegt werden. Dazu ist die Einsetzung eines Expertengremiums geplant.
Hier setzen ÖVP und FPÖ ein Zeichen. Denn die Sozialpartner werden nicht eingebunden. Laut „Presse“-Informationen wollten die Bundesländer und die Sozialpartner (wie Arbeiter- und Wirtschaftskammer) mit ihren Leuten im Expertengremium vertreten sein. Die Industriellenvereinigung schlug sogar ein großes nationales Standortkomitee mit einem Beirat von Fachorganisationen, der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft vor. Doch hier hätte die Gefahr bestanden, dass sich die vielen Vertreter gegenseitig überstimmen.
Neu ist ein Standortanwalt
Laut ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger soll das Gremium aus Fachexperten aus den zuständigen Ministerien bestehen. „Die Experten sollen zu einem Projekt möglichst schnell anhand von klaren Kriterien eine Empfehlung abgeben“, sagt Ottenschläger. Parallel zum neuen Standortentwick- lungsgesetz, das am 1. Jänner 2019 in Kraft treten soll, sind auch Änderungen bei der Umweltverträglichkeitsprüfung geplant. Denn derzeit kommt es vor, dass zahlreiche NGOs ein Infrastrukturprojekt mit immer neuen Gutachten über Jahre hinaus verzögern können.
Laut Ottenschläger sind hier drei wesentliche Neuerungen geplant: So sollen bei UVP-Verfahren nur noch bis zu einem bestimmten Stichtag Gutachten eingebracht werden dürfen. Als zweite Maßnahme ist vorgesehen, dass nur noch NGOs und Bürgerinitiativen, die tatsächlich von einem bestimmten Projekt betroffen sind, Parteistellung erhalten. „Derzeit ist es möglich, dass eine nicht beteiligte NGO gegen ein Projekt Vorbehalte geltend machen kann.“
Außerdem soll es als dritte Maßnahme einen Standortanwalt geben. Derzeit ist laut Gesetz bei UVP-Verfahren ein Umweltanwalt, der die Interessen der Umwelt vertritt, vorgesehen. Künftig soll es auch einen Standortanwalt, der für die Interessen des Wirtschaftsstandortes eintritt, geben.