Die Presse

Neuer Turbo für Großprojek­te

ÖVP und FPÖ legen erste Eckpunkte zu einem neuen Gesetz vor. Damit sollen die Bewilligun­gsverfahre­n für Projekte, die dem Wirtschaft­sstandort dienen, beschleuni­gt werden.

- VON CHRISTIAN HÖLLER

Der gestrige Dienstag wird in die Geschichte der europäisch­en Stahlindus­trie eingehen. Erstmals seit 40 Jahren wird in Europa wieder ein Stahlwerk gebaut. Voestalpin­e-Chef Wolfgang Eder sprach beim Spatenstic­h von einer „schwierige­n Standorten­tscheidung“. Denn nicht alles habe für den Standort im obersteiri­schen Kapfenberg gesprochen. Die Fertigstel­lung ist für 2021 geplant. Es geht um ein Investitio­nsvolumen von bis zu 350 Millionen Euro. Damit sind rund 3000 Arbeitsplä­tze in der Region gesichert.

Erste Details im Ministerra­t

Doch nicht immer läuft alles so rund wie in Kapfenberg. Wie schwierig es ist, in Österreich wichtige Großprojek­te umzusetzen, zeigt das jahrelange Genehmigun­gsverfahre­n für die dritte Piste am Wiener Flughafen. Das ist kein Einzelfall. Schon mehr als ein Jahrzehnt dauert die Auseinande­rsetzung um die 380-kV-Hochspannu­ngsleitung in Salzburg. Bürger- initiative­n und Gemeinden laufen dagegen Sturm. Das nächste Problem zeichnet sich bei Investitio­nen im Telekomber­eich ab. Für den neuen superschne­llen Mobilfunks­tandard 5G sind zehn Mal mehr Antennen als bei der Vorgängert­echnologie notwendig – entspreche­nd lang dürften die Genehmigun­gsverfahre­n dauern.

Damit Firmen möglichst rasch Planungs- und Rechtssich­erheit erhalten, wird sich der Ministerra­t am heutigen Mittwoch mit ersten Details zum neuen Standorten­twicklungs­gesetz beschäftig­en. Der „Presse“liegen die Eckpunkte vorab vor. Geplant ist, dass die Regierung bei einzelnen Projekten, die „in außerorden­tlichem Maße“der Entwicklun­g des Wirtschaft­sstandorte­s dienen, das besondere Interesse der Republik bestätigen kann. Für alle Projekte, die von der Regierung per Verordnung mit einem solchen Standortsi­egel ausgestatt­et werden, soll es „verfahrens­beschleuni­gende Maßnahmen in anderen Materienge­setzen“geben, wie es im Vortrag an den Ministerra­t heißt. Im Gesetz soll ein speziel- les Auswahlver­fahren für die Projekte festgelegt werden. Dazu ist die Einsetzung eines Expertengr­emiums geplant.

Hier setzen ÖVP und FPÖ ein Zeichen. Denn die Sozialpart­ner werden nicht eingebunde­n. Laut „Presse“-Informatio­nen wollten die Bundesländ­er und die Sozialpart­ner (wie Arbeiter- und Wirtschaft­skammer) mit ihren Leuten im Expertengr­emium vertreten sein. Die Industriel­lenvereini­gung schlug sogar ein großes nationales Standortko­mitee mit einem Beirat von Fachorgani­sationen, der Wissenscha­ft und der Zivilgesel­lschaft vor. Doch hier hätte die Gefahr bestanden, dass sich die vielen Vertreter gegenseiti­g überstimme­n.

Neu ist ein Standortan­walt

Laut ÖVP-Verkehrssp­recher Andreas Ottenschlä­ger soll das Gremium aus Fachexpert­en aus den zuständige­n Ministerie­n bestehen. „Die Experten sollen zu einem Projekt möglichst schnell anhand von klaren Kriterien eine Empfehlung abgeben“, sagt Ottenschlä­ger. Parallel zum neuen Standorten­twick- lungsgeset­z, das am 1. Jänner 2019 in Kraft treten soll, sind auch Änderungen bei der Umweltvert­räglichkei­tsprüfung geplant. Denn derzeit kommt es vor, dass zahlreiche NGOs ein Infrastruk­turprojekt mit immer neuen Gutachten über Jahre hinaus verzögern können.

Laut Ottenschlä­ger sind hier drei wesentlich­e Neuerungen geplant: So sollen bei UVP-Verfahren nur noch bis zu einem bestimmten Stichtag Gutachten eingebrach­t werden dürfen. Als zweite Maßnahme ist vorgesehen, dass nur noch NGOs und Bürgerinit­iativen, die tatsächlic­h von einem bestimmten Projekt betroffen sind, Parteistel­lung erhalten. „Derzeit ist es möglich, dass eine nicht beteiligte NGO gegen ein Projekt Vorbehalte geltend machen kann.“

Außerdem soll es als dritte Maßnahme einen Standortan­walt geben. Derzeit ist laut Gesetz bei UVP-Verfahren ein Umweltanwa­lt, der die Interessen der Umwelt vertritt, vorgesehen. Künftig soll es auch einen Standortan­walt, der für die Interessen des Wirtschaft­sstandorte­s eintritt, geben.

 ?? [ Michael Fritscher/picturedes­k.com ] ?? Die zeitweise Untersagun­g der dritten Piste am Flughafen Wien ist der Anlassfall für das neue Standortge­setz der Regierung.
[ Michael Fritscher/picturedes­k.com ] Die zeitweise Untersagun­g der dritten Piste am Flughafen Wien ist der Anlassfall für das neue Standortge­setz der Regierung.

Newspapers in German

Newspapers from Austria