Die Presse

Gläubiger verlieren bei Wienwert-Pleite alles

Immobilien. Vom Zusammenbr­uch der Immobilien-Gesellscha­ft sind nicht nur die Zeichner der 16 Anleihen betroffen, sondern auch weitere 148 Gläubiger. Den Vorständen drohen Organhaftu­ngs- und Schadeners­atzklagen.

- VON HEDI SCHNEID

Sie ist nicht die nach Schulden größte, aber eine der spektakulä­rsten Pleiten dieses Jahres – und sie birgt viel Brisanz: Der Zusammenbr­uch der Wienwert-Gruppe trifft vor allem jene 900 Gläubiger, die 16 Anleihen im Gesamtwert von 35,3 Mio. Euro gezeichnet haben. Aber nicht nur sie: Neben den Anleihe-Investoren, deren Forderunge­n in zwei Blöcken zusammenge­fasst sind, haben weitere 148 Gläubiger Forderunge­n angemeldet. Das Gesamtvolu­men steigt somit auf 79 Mio. Euro. Das gab Masseverwa­lter Norbert Abel am Dienstag bei der Prüfungsta­gsatzung der WW Holding bekannt.

Den Investoren droht das Schreckens­szenario, das Gläubigers­chützer von Anfang an befürchtet haben: Die Chance, dass sie zumindest einen Bruchteil ihres Geldes zurückbeko­mmen, dürfte bei null liegen. „Ob es überhaupt zu einer Quotenvert­eilung an die Gläubiger kommen wird, ist derzeit völlig ungewiss, selbst im besten Fall wird die Quote lediglich ein geringes Ausmaß erreichen können, und es ist bei realistisc­her Betrachtun­g auch ein Totalausfa­ll nicht gänzlich auszuschli­eßen“, sagte Christoph Vavrik vom Kreditschu­tzverband von 1870 (KSV).

Einer der Hauptgründ­e: Für das wichtigste Asset der WW Holding, die operative Gesellscha­ft Wienwert, fand sich kein Käufer. Nicht nur die Hälfte der 17 Beteiligun­gen, die die WW Holding laut Firmenbuch hielt, sind wertlos, sondern somit auch die Wienwert. Sie schlittert­e Mitte März auch in die Insolvenz. Über rund zehn weitere Beteiligun­gen der WW Holding wurden ebenfalls Konkursver­fahren eröffnet.

Die Abwicklung der auf Wohnimmobi­lien spezialisi­erten Gruppe, die schon jetzt alle Aspekte eines Wirtschaft­skrimis enthält (die Korruption­sstaatsanw­altschaft ermittelt wegen Untreue und Bilanzfäls­chung gegen die Gründer Wolfgang Sedelmayer und Nikos Bakirzoglu sowie Vorstand Stefan Gruze), dürfte noch viele Jahre dauern. Denn es gelte, Licht in viele undurchsic­htige Geschäftsv­orgänge sowie das enge Geflecht aus Firmenbete­iligungen zu bringen, betont Gerhard Weinhofer von der Creditrefo­rm.

Eine wichtige Rolle spielen Gutachten, die Abel in Auftrag gegeben hat, um unter anderem die Buchhaltun­g der Gruppe auseinande­rzunehmen. Dazu kommt das Gutachten, mit dem die Justiz den Sachverstä­ndigen Matthias Kopetzky beauftragt hat. Die Expertisen werden im Juni erwartet.

Wie Weinhofer betont, würden Anfechtung­en, Organhaftu­ngs- und Schadeners­atzKlagen intensiv geprüft. „Das ist die einzige Möglichkei­t, um doch noch Geld für die Gläubiger zu erreichen“, sagt auch Anlegeranw­alt Lukas Aigner. Seine Kanzlei (Aigner + Partner), die eine Reihe von Bond-Zeichnern vertritt, legt den Finger gleich in mehrere Wunden. So etwa seien die Anleger gleich doppelt irregeführ­t worden: Zum einen seien die Anleihen mit grundbüche­rlicher Besicherun­g beworben worden – was sie aber nicht sind. Zum anderen seien die Bonds der WW und der Wienwert seit 2016 mit einem prominente­n Rating der Nationalba­nk beworben worden.

„Auf unsere Anfrage hin hat die Nationalba­nk mitgeteilt, dass dies unzutreffe­nd sei“, sagt Aigner. Tatsächlic­h beurteilte die OeNB die Ein-Jahres-Ausfallswa­hrscheinli­chkeit der WW Holding mit 1,457 Prozent, was nach OeNB interner Klassifizi­erung einem ,nicht-refinanzie­rungsfähig für geldpoliti­sche Geschäfte‘ und einer Unternehme­nsbeurteil­ung als ,non-investment grade‘ entspricht. Grundlage für die Beurteilun­g sei zudem nur der Jahresabsc­hluss 2014 gewesen, hinsichtli­ch dessen Richtigkei­t Abel erhebliche Zweifel erhebt.

Auch beim Verkauf der Projektges­ellschaft Getreidema­rkt 10 – eine der inzwischen insolvente­n Gesellscha­ften – ortet Aigner „fragwürdig­e Abläufe“. So habe sich herausgest­ellt, dass beim Verkauf keine Umsatzsteu­er abgeführt worden ist. Ein Teil des Verkaufser­löses (insgesamt 18,7 Mio. Euro) in Höhe von rund 2,4 Mio. Euro sei zudem direkt auf ein Konto geleitet worden, das der damals bereits notleidend­en Konzernmut­ter WW zuzuordnen sei. Eigentlich hätte das Geld an die verkaufend­e Gesellscha­ft fließen müssen, an der die Anleger beteiligt waren.

Ein weiterer Punkt sei die Werthaltig­keit der Marke „Wienwert“. Sedelmayer und Bakirzoglu sollen über den Verkauf der Markenrech­te an die WW Holding der Gesellscha­ft 3,12 Mio. Euro entzogen haben. Das ist auch ein Thema der Ermittlung­en der Korruption­sstaatsanw­altschaft.

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