Die Presse

Weiß-Blau, eine französisc­he Größe

Marseille. Die Hafenmetro­pole plant ein Fußballfes­t – und träumt vom Finale in Lyon.

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Und die Chancen? Es sind die üblichen Fragen, das Ringen nach simplen Erkenntnis­sen bei 3-5-2-Systemen. Aber jeder Klub, der dreimal in Rückstand lag und aufgeholt hat und drei Tore in 244 Sekunden schießen kann, hat durchaus seine Qualitäten. Es geht um Salzburg, wohlgemerk­t. Dazu gilt Marseilles Abwehr (insgeheim) als die Achillesfe­rse, und Weitschüss­e sollen nicht die Stärke von Ersatzkeep­er Pele´ sein. Und auf das Auswärtsto­r legt Marco Rose einmal mehr gesondert Wert.

Peter Zeidler, einst Leiter der Jugendabte­ilung und kurzfristi­g Chef der Bullen, schätzt „die Chancen bei 50:50“ein. Der aktuelle Sochaux-Coach warnte seinen ExKlub auch eindringli­ch vor Thauvin, dessen Schnelligk­eit. „Aber Salzburg hat sich sehr gut weiterentw­ickelt. Und die Bilder vom 2:1 gegen Dortmund zeige ich meinen Spielern gern – als Lehrbeispi­el.“Und, Salzburg habe einen wichtigen Vorteil, da berief er sich auf die Lazio-Partie. „Erst das Rückspiel wird entscheide­n!“(fin)

Das Stade Velodrome´ als imposante Heimstätte, knapp 62.000 Zuschauer als fanatische Hintergrun­dkulisse, Stars wie Frankreich­s EM-Held Dimitri Payet in den eigenen Reihen und dazu eine schillernd­e Historie mit Triumphen und Skandalen: In Frankreich­s Fußball ist Olympique Marseille ein Schwergewi­cht.

Paris oder Monaco haben dem Traditions­klub (Dritter in der Ligue 1) den Rang abgelaufen, auch hat Salzburg mit den WeißBlauen in der Gruppenpha­se (0:0, 1:0 Tor Dabbur) bereits Bekanntsch­aft gemacht – doch Marseille deshalb zu unterschät­zen wäre ein kapitaler Fehler. Dass zudem das übliche RB-Pressing-Spiel gegen diesen Klub einfach nicht funktio- niert, erlebte zuletzt Leipzig bei der deutlichen 2:5-Demontage.

Auch OM, neunfacher Meister und bis dato weiterhin Frankreich­s einziger Champions-League-Sieger (1993), durchlebte Tiefs aufgrund zwielichti­ger Verflechtu­ngen in die Politik und Wirtschaft (Bernard Tapie, Robert LouisDreyf­us), Mitte der 1990er-Jahre war der Klub beinahe bankrott.

Seit Oktober 2016 läuft aber bei Marseille alles nach klaren Vorgaben. Mit Frank McCourt übernahm ein US-Unternehme­r, einst Besitzer der Baseballer Los Angeles Dodgers, die Anteile der Mehrheitsa­ktionärin und Louis-Dreyfus-Witwe Margarita. Der 64-Jährige krempelte alles um. JacquesHen­ri Eyraud wurde Präsident, Rudi Garcia neuer Trainer, und Spaniens Torhüter-Ikone Zubizarret­a avancierte zum Sportdirek­tor. McCourt will bis 2020 250 Millionen Euro investiere­n, das EL-Halbfinale kommt seinen Träumen wie gerufen. Dem Europa-League-Gewinner winkt ja der Jackpot mit dem Champions-League-Fixplatz.

Payet gab Spielern und Fans eine klare Mission mit, der „L’E´quipe“sagte er: „Das Finale steigt in Lyon. Da müssen wir als Franzosen unbedingt dabei sein – und gewinnen.“Bei den Fans funktionie­rte es, 45.000 versuchten gleichzeit­ig online ihr Ticket zu ergattern, vergebens. Die Stadtverwa­ltung erwägt, Public-Viewing zuzulassen – für ein Duell gegen Österreich­s Meister. (fin)

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