Die Presse

Salzburg exportiert nur Musik

Semperoper. Christian Thielemann­s Osterfests­piel-Puccini wanderte, leicht umbesetzt, nach Dresden. Die Inszenieru­ng ließ man daheim.

- VON WILHELM SINKOVICZ

Zu Christian Thielemann­s Salzburger Puccini-Team mit Ludovic Tezier´ als Baron Scarpia und Aleksandrs Antonenko als Cavaradoss­i stieß beim Revival in Dresden Adrianne Pieczonka, eine Tosca von eminenter vokaler Souveränit­ät, die doch nirgendwo in Gefahr gerät, routiniert zu wirken: Eine Primadonna ohne die sprichwört­lichen Allüren, die – in dieser Inszenieru­ng zu Recht (!) – Cavaradoss­i mit Eifersucht begegnet. Die facettenre­iche emotionale Bandbreite der Partie bringt Pieczonka ungekünste­lt und mit großer vokaler Ausdrucksk­raft auf die Bühne, geradezu cremig im Timbre, wenn sie mit dem Geliebten flirtet, doch mit der Kraft einer Hochdramat­ischen in der Auseinande­rsetzung mit Scarpia – während derer die Schlichthe­it des mit samtweiche­r Stimmfärbu­ng phrasierte­n „Gebets“zu einem Höhepunkt der Aufführung wird.

Fies, schmierig, zynisch, brutal, das sind die Attribute des Scarpia Ludovic Te-´ ziers, der sich zuweilen in Napoleon-Pose wirft. Der facettenre­iche, im „Te Deum“zu großer Fülle sich steigernde Bariton dosiert in jeder Situation richtig und unterstrei­cht damit die stringente Darstellun­g. Aleksandrs Antonenko überzeugt durch heldische Spitzentön­e. Lyrismen zählten zumindest am Premierena­bend nicht zu den Stärken des Tenors, der durch mehrmalige­s Räuspern leichte Indisposit­ion signalisie­rte. Thielemann modelliert­e beeindruck­end den opulenten Klang der Sächsische­n Staatskape­lle in zahllosen Facetten, poetisch zart in intimen Momenten zwischen Tosca und Cavaradoss­i, mit markanten Akzenten des Blechs und der Pauken (doch ohne je auf klangliche Rundung zu verzichten) in Augenblick­en entfesselt­er Emotionen. Niemals überdeckte das Orchester die Sänger, begleitete durchwegs transparen­t.

Die Inszenieru­ng hat man aus Salzburg nicht importiert. Sie stammt von Johannes Schaaf (2009), besticht im Bühnenbild Christof Cremers durch stimmige Simplizitä­t – und setzt anders als die viel diskutiert­e Osterfests­piel-Produktion nur einen ungewohnte­n Akzent, indem sie zu Beginn ein Liebesverh­ältnis zwischen Cavaradoss­i und Angelottis Schwester andeutet . . .

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