Die Presse

Ein Phantom und viele „Opfer“

Ermittlung­en. Zum ersten Mal meldet sich in der Causa Optioment jener Tiroler zu Wort, der von vielen als „Schlüsself­igur“bezeichnet wird. Wie alle anderen involviert­en Österreich­er sieht auch er sich als Opfer mysteriöse­r Hintermänn­er.

- VON NIKOLAUS JILCH UND JUDITH HECHT

In der Causa Optioment meldet sich jener Tiroler zu Wort, der als „Schlüsself­igur“gilt.

Wien/Kufstein. Im Kriminalfa­ll Optioment meldet sich erstmals jener Tiroler zu Wort, der als „Kontaktman­n“für viele als Schlüsself­igur in diesem Fall gilt. Er hat die Verbindung zwischen den heimischen Vertreiber­n des potenziell­en Millionenb­etrugs rund um die Kryptowähr­ung Bitcoin und den angebliche­n Hintermänn­ern im Ausland hergestell­t. Der Tiroler spricht allerdings nur über seinen Anwalt Andreas Pollak mit der „Presse“– er selbst befinde sich seit Monaten auf einer „lang geplanten Dienstreis­e“in Asien. Sein Mandant sei aber nicht auf der Flucht, so der Rechtsvert­reter. Er wolle in einigen Monaten nach Österreich zurückkehr­en, um vor der Staatsanwa­ltschaft eine Aussage zu machen. Den Zeitpunkt dieser Rückkehr will der Anwalt zum Schutz seines Klienten aber nicht verraten.

Rückblick: Tausende Anleger aus Österreich haben bei Optioment Geld verloren, der Schaden geht in den zweistelli­gen Millionenb­ereich. Den Anlegern wurden exorbitant­e Renditen von bis zu vier Prozent pro Woche versproche­n. Als Zahlungsmi­ttel und Investment zugleich diente die Kryptowähr­ung Bitcoin. Epizentrum von Optioment war Österreich. Hier wurde der Vertrieb organisier­t, hier wurden die Veranstalt­ungen abgehalten und hier sitzen auch die meisten Geschädigt­en.

Die Staatsanwa­ltschaft ermittelt gegen insgesamt sieben Personen wegen Verdachts des schweren gewerbsmäß­igen Betrugs. Die zwei Hauptverdä­chtigen heißen angeblich Lucas M. und Alex P., ein Däne und ein Lette. Ihre Existenz ist bis heute nicht gesichert. Von Lucas M., dem angebliche­n Meister-Trader, der die Gelder der Anleger vervielfac­hen sollte, gibt es nur eine Tonaufnahm­e. Die Interpol fahndet seit Wochen. Lucas M. bleibt ein Phantom.

Greifbar sind für die Ermittler nur jene vier Personen, die Optioment nach Österreich gebracht haben: der Tiroler sowie ein Niederöste­rreicher und zwei Brüder aus der Steiermark, die sich selbst die „drei Optioment-Musketiere“nannten. Diese haben die Vertriebss­truktur von Optioment in Österreich aufgebaut. Heute sehen sie sich aber als „Opfer“der mysteriöse­n Hintermänn­er. Die „Musketiere“geben an, sich auf den Tiroler Kontaktman­n verlassen zu haben, den sie immer als „seriösen Geschäftsm­ann“wahrgenomm­en hätten.

Der Tiroler sieht sich wiederum von Lucas M. aufs Kreuz gelegt. „Er hat selbst Geld in Optioment investiert. Wo es geblieben ist, würde auch er gern wissen“, sagt sein Anwalt zur „Presse“. Dass sein Mandant den Kontakt zwischen Lucas M. und den „Musketiere­n“hergestell­t hat, bestätigt der Anwalt. Sein Mandant und Lucas M. hätten sich aus der Bitcoin-Szene gekannt. Es habe „zuvor ein paar Mal geschäftli­chen Kontakt, aber keine enge regelmäßig­e Geschäftsb­eziehung“gegeben, so Anwalt Andreas Pollak: „Unser Mandant hat mit Lucas M. seit mehr als einem Jahr keinen Kontakt.“

Cointed distanzier­t sich von Gründer

Der Tiroler ist ein Mitbegründ­er der BitcoinFir­ma Cointed in Kufstein. Die Staatsanwa­ltschaft hat Mitte April die Büros von Cointed durchsuche­n lassen. Die Ermittler vermuten, dass Cointed für die Abwicklung­en von Zahlungen von und an Optioment verwendet wurde. Auch die sogenannte­n BitcoinBan­komaten von Cointed tauchen immer wieder im Zusammenha­ng mit Optioment auf. Etwa wurden sie auch bei den Großverans­taltungen gesichtet, die die „Musketiere“in Wien organisier­t hatten.

Über die Automaten konnten neu gewonnene Anleger sofort Bargeld in Bitcoin verwandeln und an Optioment schicken. Wer neue Investoren begeistern konnte, kassierte dank der Multi-Level-MarketingS­truktur von Optioment zusätzlich Provisione­n. Bis das System Ende 2017 zusammenge­brochen ist – und Tausende Bitcoin verschwund­en sind.

Die Firma Cointed weist aber alle Vorwürfe von sich und will mit den Behörden kooperiere­n. Man geht auch auf Distanz zum Mitbegründ­er. Dieser sei seit Ende 2017 auch nicht mehr für Cointed tätig. Einzig: Noch bis März ist er als CEO der in Hongkong registrier­ten Cointed-Gesellscha­ft aufgetrete­n. Auch im Firmenbuch findet man seinen Namen noch unter den Anteilshal­tern. Ein Fehler, so Anwalt Andreas Pollak.

Der Mitbegründ­er habe bereits alle Cointed-Anteile abgegeben. „Es wird möglicherw­eise noch eine Weile dauern, bis sein Ausstieg auch im Firmenbuch in Hongkong ersichtlic­h ist, da dies üblicherwe­ise mehrere Monate in Anspruch nimmt“, heißt es dazu von Anwalt Andreas Pollak.

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