Kurz nimmt die Sozialpartner ins
Reformen. Zuerst das AMS, nun die Kassen: Die Regierung holt zum Generalangriff auf die Sozialpartner aus. Die wehren sich gegen die Privilegienvorwürfe. Weitere Konflikte sind bereits programmiert.
Zuerst das Arbeitsmarktservice (AMS), dann die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) und nun die Sozialversicherungen insgesamt: Wie es aussieht, hat die Regierung einen Lieblingsgegner gefunden. Es handelt sich um die Sozialpartner, die in den genannten Organisationen den Ton angeben. Weitere Beispiele dürften schon bald folgen: Auch in der Arbeiterkammer, der Wirtschaftskammer und in der Nationalbank sind größere Reformen geplant.
Strategisch gehen ÖVP und Freiheitliche dabei immer gleich vor: Erst tauchen belastende Fakten über das Angriffsziel in ausgewählten Medien auf. Auf diese Weise sollen Druck aufgebaut und die jeweilige Institution für Reformen gefügiger gemacht werden. Im aktuellen Fall gibt es allerdings heftigen Widerstand. Die Sozialversicherungen wehren sich gegen den Vorwurf, eine ganze Reihe von Privilegien zu genießen.
Angeprangert wurden hohe Kosten für Pensionen, 160 Dienstautos, die Bildung von hohen Rücklagen sowie die Entschädigungen für 1000 Funktionäre. Aber deckt sich das mit den Fakten? Die Pensionen, die die 21 Sozialversicherungsträger an ihre ehema- ligen Mitarbeiter auszahlen, machen tatsächlich einen ordentlichen Brocken aus: Im Vorjahr wurden für die 14.000 Pensionisten 284 Millionen Euro aufgewendet.
Allerdings: Das ist ein Auslaufmodell. Betriebspensionen – also Zuzahlungen zur ASVG-Pension – gibt es nur für Mitarbeiter, die vor 1996 bei einer der Versicherungsanstalten angefangen haben. Von den derzeit 26.000 Mitarbeitern trifft das noch auf 8500 zu. Aber auch sie werden nicht mehr 80 Prozent des Letztbezugs erhalten, sondern 80 Prozent des im ASVG-Recht vorgesehenen Durchrechnungszeitraums. Derzeit sind das die besten 21 Jahre.
Geregelt ist das im Kollektivvertrag – die Regierung müsste für eine Änderung also direkt in eine Sozialpartner-Vereinbarung eingreifen. Was aber schwer ist, weil die Mitarbeiter für die Betriebspension auch Beiträge geleistet haben.
Den Vorwurf einer üppigen Ausstattung mit Dienstautos weisen die Sozialversicherungen zurück. Die 160 Fahrzeuge gibt es tatsächlich, allerdings gehören dazu auch Autos, die für Beitragsprüfungen oder Krankenbesuche verwendet werden. Auch die Fahrzeuge der Unfallkrankenhäuser und des Hanuschspitals sind in der Zahl enthalten. Dienstwagen für Vorstand und Management gibt es im Hauptverband einen, auch bei den großen Krankenkassen dürfte das ähnlich sein.
Dass mit Rücklagen an der Börse spekuliert worden sein soll, empört die Manager der Sozialversicherungsanstalten. Man habe nur sichere Wertpapiere wie Staatsanleihen angekauft. Dass es Rücklagen gibt, wird nicht bestritten: Derzeit sind 1,5 Milliarden Euro in Wertpapieren angelegt, 1,2 Milliarden liegen auf Konten. Zu einem Teil sind diese Rücklagen aber gesetzlich vorgeschrieben: Die Krankenkassen müssen ein Zwölftel ihrer Leistungen (bei 17,8 Milliarden Euro sind das 1,5 Milliarden) vorrätig haben.
Das wird unterschiedlich umgesetzt: Die Gebietskrankenkassen haben 870 Millionen Euro auf der hohen Kante, bei einer Erfordernis von 1,13 Milliarden. Allerdings haben Kärnten und das Burgenland gar keine Rücklagen, Oberösterreich mit 500 Millionen Euro weit mehr als gefordert. Ebenfalls weit über den erforderlichen Rücklagen befinden sich die Kassen der Beamten, der gewerblichen Wirtschaft und der Bauern.
Bleibt der Vorwurf der teuren Funktionärsverwaltung. 955 Funktionäre gibt es derzeit, davon bekommen die 184 Mit-