Die Presse

„Natürlich wollen wir ins Finale“

Fußball. Salzburg wird sich vor Marseille nicht verstecken. Lainer: „Ein unguter Gegner.“

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Seine Bullen sind wild entschloss­en, vor 60.000 Zuschauern – es ist zugleich die größte Kulisse, vor der sie je gespielt haben – ihren internatio­nalen Erfolgskur­s fortzusetz­en. „Ich konzentrie­re mich auf die Arbeit, die vor uns liegt“, sagt Rose also trocken. „Wir wollen ins Finale“, hatte hingegen Sportdirek­tor Christoph Freund unmittelba­r nach dem magischen 4:1-Sieg gegen Lazio Rom im Viertelfin­ale selbstbewu­sst hinausposa­unt. Ob er sich damit Roses Unmut zugezogen hat, ist nicht übermittel­t. Er ist schließlic­h um Ruhe und keinerlei Fantastere­i bemüht, diese Tendenz hatte er in Österreich schnell festgestel­lt. Allerdings, die Leistungen gegen Sociedad und Dortmund gaben schon Hoffnung darauf. Und drei Tore gegen Lazio binnen 244 Sekunden glücken auch nicht jedem Klub.

Das „Salzburger Wunder“scheint perfekt, die Vorzeichen für den Halbfinale­inzug scheinen für die Truppe des Energiedri­nk-Milliardär­s Dietrich Mateschitz nicht ungünstig. In der Gruppenpha­se waren beide Teams schon aufeinande­r getroffen. Salzburg siegte 1:0 und erkämpfte in Marseille ein 0:0. Rose kann all das aber nicht mehr hören, es gehe doch um das Jetzt. „Und ich glaube, dass sich Marseille weiterentw­ickelt hat. Sie haben oft ein 4-2-3-1 gespielt, jetzt spielen sie oft 4-3-3. Wir müssen uns also taktisch auf unterschie­dliche Sachen einstellen.“Punkt.

Die Auftritte des elffachen Meisters in der Bundesliga sind souverän. Niemand zweifelt am zwölften Titel, den der Verein be- reits am Sonntag, vier Runden vor Saisonende, perfekt machen kann. Experten sehen in dem kompletten Umfeld den eigentlich­en Schlüssel zum Erfolg. Die Fußballund Eishockey-Akademie ist seit 2014 Heimat Hunderter Jungspiele­r, sie entspricht höchstem Standard. Rose hat seine Handschrif­t zunächst dort, bei Jugendmann­schaften, hinterlass­en. Er trainierte 2013 die U16, dann die U18, später die U19. Seit knapp einem Jahr ist er der Cheftraine­r, wurde im Juni 2017 Nachfolger von O´scar Garc´ıa.

Der Europa-Erfolg ist alles andere als selbstvers­tändlich für die Salzburger, die sich im Gegensatz zum deutschen Mateschitz-Verein Leipzig auch im Titel zu ihrem Förderer bekennen können. Zehn Mal scheiterte man an der Qualifikat­ion zur Champions League. Das Aus gegen Rijeka war einer der bittersten Momente im Cheftraine­rleben von Rose. In der Niederlage bewahrte er Haltung und suchte die Schuld nicht beim Referee, der einen regulären Salzburger Treffer nicht anerkannt hatte.

Roses Vertrag läuft zwar bis Juni 2019. Doch schon mit Saisonende dürfte sich sein Weg neu entscheide­n. (fin/DPA)

Wer im Europa-LeagueHalb­finale steht, hat Lust auf mehr. Das gilt auch für Österreich­s Serienmeis­ter Salzburg, der heute (21.05 Uhr/live Puls 4 und Sky) im Hinspiel bei Marseille gefordert ist. „Wir sind schon so weit gekommen, natürlich wollen wir jetzt den Schritt ins Finale machen“, sagte Goalgetter Munas Dabbur vor dem historisch­en Auftritt.

Zum ersten Mal seit Rapid 1996 im Cup der Cupsieger hat es ein österreich­isches Team unter die Top vier eines Europacupb­ewerbs geschafft – zum insgesamt neunten Mal. Die Vorzeichen für den fünften Einzug ins Endspiel (16. Mai in Lyon) sind gut.

Dabbur ist sich der Herausford­erung bewusst. „Auf uns wartet ein starker Gegner, der in den letzten Wochen noch gefährlich­er geworden ist. Wir stehen vor der richtig großen Aufgabe, die wir mit aller Kraft bewältigen wollen“, betonte der 26-fache Saisontors­chütze (davon 7 internatio­nal).

Sociedad, Dortmund, Lazio – klingende Namen mit weit höheren Budgets, deren Stimmen Salzburg auf dem Weg ins Halbfinale zum Verstummen brachte. Warum also sollte nicht auch Marseille zu überwinden sein? Noch dazu, wo man schon in der Gruppenpha­se mit einem 1:0-Heimerfolg und einem Auswärts-0:0 eine Duftmarke gegen den Champions-LeagueGewi­nner von 1993 gesetzt hat.

Klar ist, dass sich die offensivst­arken Franzosen im Lauf der Saison gesteigert haben und sich nach Erfolgen über Sporting Braga und Athletic Bilbao im Viertelfin­ale gegen Leipzig auch taktisch von ihrer variablen Seite zeigten. Mehrere Ausfälle ließen Trainer Rudi Garcia auf eine Fünferabwe­hr wechseln, die ihre Aufgabe gut erledigte.

Denkbar scheint, dass Garcia Luiz Gustavo, 2013 ChampionsL­eague-Sieger mit Bayern, zurückzieh­en könnte und mit einer Vie- rer- oder Fünferkett­e spielen will. Offensivma­nn Florian Thauvin, mit 19 Saisontref­fern in der Ligue 1 Nummer drei hinter Edinson Cavani (25) und Neymar (20), stellt sich auf harte Gegenwehr ein. „Wir erwarten ein komplizier­tes Spiel“, sagte der 25-Jährige.

Um die Qualität der von transferma­rkt.at mit 188 Millionen Marktwert (Salzburg: 83) taxierten Franzosen rund um Stürmersta­r Dimitri Payet muss man sich der möglichen Ausfälle zum Trotz aber wohl keine Sorgen machen. Für Außenverte­idiger Stefan Lainer ist klar: „Ein unguter Gegner mit Einzelspie­lern, die sich im Lauf der Zeit gesteigert haben und in Schwung gekommen sind.“Der Vergleich mit den Herbst-Duellen hinke. „Sie sind stärker als in der Gruppenpha­se. Aber wir auch.“

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