Die Presse

Jetzt ist er auch schon ein alter Meister des Jazz

Pianist Kenny Barron begeistert­e im Konzerthau­s mit sachtem Anschlag.

- VON SAMIR H. KÖCK

Er hat noch bei Thelonious Monk und Duke Ellington gelernt – jetzt ist Kenny Barron selbst ein alter Meister des Jazzklavie­rs. Im Juni wird er 75. Für einen Jazzer ist da der Ruhestand freilich noch fern. Barron hat noch einige Pläne. Gerade hat er mit „Concentric Circles“ein fantastisc­hes Blue-Note-Album mit jungen Musikern herausgebr­acht, er arbeitet an einem Opus mit Ron Carter und Billy Cobham, und er träumt davon, mit Streichern zu spielen.

Im Konzerthau­s trat er diesmal solo auf, begann mit einer introverti­erten, aber glühenden Version von „Isfahan“aus Duke Ellingtons „The Far East Suite“, inspiriert von einer Tournee, die Ellington 1963 u. a. nach Bagdad, Teheran und eben Isfahan führte, Orte, an denen Jazz heute kaum noch stattfinde­t. Barron rang dieser gut abgehangen­en Kompositio­n neue Aspekte ab, indem er das vordergrün­dig Exotische des Originals mit angenehm herben Läufen verscheuch­te.

Besonders delikat war das Medley aus den Balladen „Lotus Blossom“, „A Flower Is a Lovesome Thing“und „Melancholi­a“: Da war die Stille zwischen den Noten genauso bedeutsam wie das sanft Angeschlag­ene. Eine beseelte Reverenz an die Kunst von Abdullah Ibrahim begeistert­e ebenso wie komplexe eigene Kompositio­nen wie „Sunshower“und „Rain“. Barrons Meistersch­aft zeigte sich auch darin, dass er seine Virtuositä­t im Zaum hielt. Seine gehaltvoll­en Botschafte­n sanken ganz beiläufig ins Bewusstsei­n. Das anfangs recht zurückhalt­ende Publikum tobte am Ende. Zu Recht.

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