Macron warnt vor Isolationismus
USA. Das Atomabkommen war zentraler Punkt des Besuchs von Frankreichs Präsident Macron in Washington. Trump greift Teheran verbal an, will aber über eine Neuverhandlung des Deals sprechen.
Rede. Der französische Präsident Emmanuel Macron, der sich derzeit auf Staatsbesuch in den USA aufhält, hat bei seiner Rede vor dem US-Kongress vor dem Rückzug und Isolationismus gewarnt und die Wichtigkeit der Zusammenarbeit zwischen den USA und der EU betont: Beide könnten eine neue Weltordnung für das 21. Jahrhundert aufbauen. Um die erweiterte multilaterale Arbeit verstärken zu können, benötige die internationale Gemeinschaft die Mitarbeit der USA, so Macron. Institutionen wie die UN oder Nato müssten geschützt werden. Er glaube an fairen und freien Handel, so der Präsident weiter und sprach sich gegen massive Deregulierung aus. Macrons Amtskollege Donald Trump fiel während seiner bisherigen Präsidentschaft mit gegenteiligen Forderungen auf, so will er beispielsweise internationale Handelsverträge aufkündigen.
New York. Viele Küsschen, viele Umarmungen, schöne Bilder, tosender Applaus im Kongress – aber kein Durchbruch rund um den an der Kippe stehenden Atomdeal mit dem Iran. So lässt sich der Staatsbesuch Emmanuel Macrons in Washington zusammenfassen. Das weitreichende Abkommen hängt trotz der dreitägigen Überzeugungsarbeit des französischen Präsidenten in der Luft. Donald Trump will sich bis zum Ablauf der Frist am 12. Mai alle Optionen offenhalten.
Dabei warnte Macron die USA auch im Zuge seines mit Spannung erwarteten Auftritts im Kongress am Mittwochabend nochmals davor, aus dem 2015 unterzeichneten Abkommen zur Eindämmung der nuklearen Bemühungen Irans auszusteigen. Gleichzeitig zeigte er sich während seines Besuchs offen, den Deal nachzuverhandeln – was wiederum Deutschland gar nicht passt. Man könnte auch sagen, Frankreich und die USA sind in den vergangenen Tagen auf Kosten der EU ein Stück näher zusammengerückt.
In der ursprünglichen Vereinbarung, die auch von Russland und China abgesegnet wurde, verpflichtet sich der Iran, sein Atomprogramm stark einzuschränken. Im Gegenzug sollten ökonomische Sanktionen gegen das Mullah-Regime aufgehoben werden. Trump bezeichnete den Deal während seiner Pressekonferenz mit Macron abermals als „verrückt“und „lächerlich“, weil er auf zehn Jahre begrenzt sei und Irans ballistische Waffen sowie die Einflussnahme des Landes in der Region nicht umfasse.
Genau diese Punkte will nun auch Macron verhandeln, wobei unklar ist, ob sie in den ursprünglichen Vertrag aufgenommen oder in Nebenvereinbarungen niedergeschrieben werden sollen. In jedem Fall hat der Iran bereits gedroht, der Atomdeal werde tot sein, wenn neue Bedingungen gestellt würden. Auch Peking und Moskau dürften kaum zu Neuverhandlungen bereit sein und selbst Deutschland distanziert sich: Ein neuer Atomvertrag stehe nicht auf der Agenda, verlautete das Außenministerium in Berlin.
Trump wiederum fährt genauso wie mit Nordkorea eine Strategie, die am besten mit Zuckerbrot und Peitsche umschrieben werden kann. Wenn der Iran auch nur beginne, seine nuklearen Ambitionen wieder aufzunehmen, werde das Land „größere Probleme als jemals zuvor“bekommen. Gleichzeitig stehe er Verhandlungen offen gegenüber, sagte Trump, der die Aufmerksamkeit rund um seine selbst auferlegte Deadline im Mai sichtlich genießt. „Keiner weiß, was ich am 12. Mai machen werde. Obwohl, Mister President, Sie haben schon eine Ahnung,“erklärte Trump in Richtung Macron. Der lächelte und zwinkerte Trump zu.
Gespräche mit Nordkorea „sehr gut“
Zum diplomatischen Showdown kommt es in den nächsten Wochen auch mit Nordkorea, dessen Machthaber Kim Jong-un Trump Ende Mai oder Anfang Juni treffen will. Die Vorgespräche liefen „sehr, sehr gut“und der nordkoreanische Diktator sei „ehrenwert“, meinte der US-Präsident, nur wenig Monate nachdem er Kim Jong-un als „kleinen Raketenmann“bezeichnet und dem Land mit „Feuer und Wut“gedroht hatte.
Donald Trump zeigt also einmal mehr, dass er kein Problem damit hat, den Kurs zu ändern, und gerade im Fall des Iran-Deals kann sich das Blatt in den kommenden Wochen schnell wenden. Hinter vorgehaltener Hand sprechen Diplomaten bereits
von einer für alle Seiten gesichtswahrenden Lösung, die den bestehenden Deal nicht abändert, gleichzeitig aber Extravereinbarungen vorsieht, die den Einfluss Irans in Syrien in Zaum halten sollen.
Der Iran könnte dann darauf hinweisen, beim ursprünglichen Abkommen nicht nachgegeben zu haben. Trump könnte sich vor den im Herbst anstehenden Kongresswahlen als Sieger feiern lassen, der mit seinen Drohungen Teheran wichtige Zugeständnisse in Syrien abringt. Der geplante Abzug aus Syrien, den seine Anhängerschaft vehement unterstützt, könnte so vollzogen werden, sofern Russland Bashar al-Assad in Zaum hält und der syrische Machthaber keine weiteren Chemiewaffen einsetzt.
Zunächst muss Trump allerdings Angela Merkel umschmeicheln, die nun in Washington erwartet wird. Der Besuch der Kanzlerin steht am Freitag an, und ohne deutsche Unterstützung ist jegliche Neuoder Zusatzvereinbarung mit dem Iran zum Scheitern verurteilt. Im Gegensatz zu Macron steht Merkel dem emotionalen und polternden US-Präsidenten distanziert gegenüber. Das Verhältnis zwischen dem Präsidenten der weltgrößten Militärmacht und der Regierungschefin der größten europäi- schen Wirtschaftsmacht kann bestenfalls als zurückhaltend beschrieben werden.
2009 unter dem Präsidenten Barack Obama war es noch Merkel gewesen, die in Washington enthusiastisch empfangen wurde und vor den Gesetzgebern im Kongress sprach. Diesmal wurde diese Ehre Macron zuteil. Ob der französische Präsident dabei den Iran-Deal retten konnte, wird sich in den kommenden Wochen zeigen.